«Als Bundesrat nicht mehr tragbar»

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Johann Schneider-Ammann«Als Bundesrat nicht mehr tragbar»

Für Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann wird es eng. Nach den neusten Offshore-Vorwürfen werden Rücktrittsforderungen laut.

J. Büchi
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J. Büchi
Volkswirtschaftsminister Schneider-Ammann ist seit Tagen unter Beschuss.

Volkswirtschaftsminister Schneider-Ammann ist seit Tagen unter Beschuss.

Er predigte Wasser und trank Wein: Dieser Eindruck entsteht, sollten die neuesten Vorwürfe gegen Johann Schneider-Ammann zutreffen. 2009 schrieb der heutige Volkswirtschaftsminister in der Zeitschrift «Die Volkswirtschaft», es sei «unlauter», «steuerfrei desertierte Billionen» im Ausland zu bunkern. Wie der «Tages-Anzeiger» nun berichtet, tat der ehemalige Unternehmer mit seiner Ammann Group aber genau das.

Von 1992 bis 2007 sass der FDP-Unternehmer demnach im Verwaltungsrat der Luxemburger Manilux S. A. Die Firma vergab Kredite an Tochterunternehmen von Ammanns Firma und erhielt dafür intern Zinsen. Die Firma bunkerte über Jahre 230 Millionen Franken – Steuern zahlte sie dafür aber offenbar keine. Ob das Vorgehen legal war, ist unklar. Sicher ist, dass es sich bestenfalls um einen «legalen Steuertrick» handelte, wie ihn Schneider-Ammann 2009 in seinem Aufsatz kritisiert hatte. Schon vor einer Woche hatte die «Rundschau» berichtet, dass die Ammann Group rund eine Viertelmilliarde Franken im britischen Steuerparadies Jersey gebunkert hatte. Dazu kommt, dass der Volkswirtschaftsminister aufgrund der Betrugsvorwürfe im Seco, dem Staatssekretariat für Wirtschaft, seit Tagen unter Beschuss ist.

«Die Luft ist sehr, sehr dünn geworden»

Die neuesten Vorwürfe bringen das Fass für SP-Nationalrätin Margret Kiener Nellen zum Überlaufen: «Johann Schneider-Ammanns Glaubwürdigkeit ist dahin – die Luft ist sehr, sehr dünn geworden für ihn.» Sie habe den FDP-Mann zwar im September 2010 in den Bundesrat gewählt. «Unter den neuen Vorzeichen ist er aber kaum mehr tragbar im Bundesrat.» Es müsse sehr viel passieren, dass der Volkswirtschaftsminister diese Fehltritte noch ausbügeln könne: «Er muss sich öffentlich entschuldigen und deklarieren, wie viele Millionen dem Bund und dem Kanton durch seine Steuertricks entgangen sind.»

Die Kantonalberner SP fordert in einem Schreiben Schneider-Ammmans Rücktritt, falls dieser gegen das bernische Steuergesetz verstossen hat. «Wenn sich die Indizien erhärten, dass in Luxemburg keine Geschäftstätigkeiten stattfanden beziehungsweise kein Personal tätig war, wurde gegen das Steuergesetz verstossen», heisst es in der Mitteilung. Ein Rücktritt sei in diesem Fall «unausweichlich».

Nationalrat Balthasar Glättli (Grüne) sagt: «Mein Vertrauen in Johann Schneider-Ammann als Volkswirtschaftsminister ist zerstört.» Es brauche jetzt sehr schnell ein umfassendes klärendes Statement vom Bundesrat. Wenn er die Schlagzeilen weiter auszusitzen versuche, schwinde auch «seine letzte Chance, die Glaubwürdigkeit wiederherzustellen». Eine Rücktrittsforderung will Glättli noch nicht formulieren – aber: «Wenn die Vorwürfe bei Schneider-Ammanns Wahl 2010 schon bekannt gewesen wären, hätte er die Stimme der Grünen sicher nicht bekommen.»

Die Juso hatte schon vor einer Woche den Rücktritt des Volkswirtschaftsministers gefordert. Nun doppelt Vizepräsidentin Ursula Näf nach: «Wir halten an unseren Forderungen fest – Schneider-Ammann ist für uns nicht mehr tragbar.» Die neuesten Berichte erhärten den Verdacht gegen ihn. «Die Politik muss nun den Druck auf ihn erhöhen. Johann Schneider-Ammann muss dringend Transparenz schaffen.»

Rickli zurückhaltend

Dass der Bundesrat öffentlich die «Moralkeule schwingt», sich gleichzeitig aber offenbar selbst dubioser Steuertricks bedient, ist auch für SVP-Nationalrätin Natalie Rickli problematisch. Sie findet, es sei im eigenen Interesse des Volkswirtschaftsministers, nun Klarheit zu schaffen: «Wenn jemand nicht transparent kommunizieren will, muss man davon ausgehen, dass an den Vorwürfen etwas dran ist.» Erst wenn eine Stellungnahme vorliege, könne man beurteilen, ob die Offshore-Geschäfte legal oder illegal gewesen seien und ob Schneider-Ammann noch glaubwürdig sei, so Rickli.

Weder Bundesrat Johann Schneider-Ammann noch die FDP-Parteileitung hat bislang zu den Vorwürfen Stellung genommen.

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