«Den IZRS sollte man verbieten»

Aktualisiert

Kurt Pelda«Den IZRS sollte man verbieten»

Naim Cherni hat ein Verfahren am Hals – wegen Propaganda für Terrorgruppen. Der IZRS biete Nährboden für radikales Gedankengut, sagt Kriegsreporter Kurt Pelda.

Hannes von Wyl
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Hannes von Wyl
Der Bundesanwaltschaft ein Dorn im Auge: Naim Cherni (rechts) interviewt Dr. Abd Allah al-Muhaysini, eine «Integrationsfigur der Syrischen Revolution», über die praktische Umsetzung der Scharia. (Screenshot: IZRS / «The True Dawn in Syria» / Youtube)

Der Bundesanwaltschaft ein Dorn im Auge: Naim Cherni (rechts) interviewt Dr. Abd Allah al-Muhaysini, eine «Integrationsfigur der Syrischen Revolution», über die praktische Umsetzung der Scharia. (Screenshot: IZRS / «The True Dawn in Syria» / Youtube)

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Herr Pelda, die Bundesanwaltschaft wirft IZRS-Vorstandsmitglied Naim Cherni Propaganda für eine jihadistische Terror-Organisation vor. Ist das Interview mit Jihadistenführer Abdallah al-Muhaysini der Grund dafür? Die Bundesanwaltschaft wirft Cherni vor, sich nicht von al-Muhaysinis Aussagen zu distanzieren. Dieser ist ein Mann der al-Nusra-Front, und damit der al-Qaida, ein Kriegsverbrecher, der Menschen erschiessen lässt. Al-Muhaysini betreibt im Interview klar Propaganda für den Jihad, er ruft junge Leute in Europa dazu auf, als Jihadisten nach Syrien zu reisen. Naim Cherni zeigt Muhaysini seine Bewunderung, indem er ihn im Video mit «grosser Scheich» anredet. Dessen Aussagen lässt Cherni gänzlich unkommentiert, äussert nie Kritik. Ob das alleine als Propaganda gelten kann, ist schwierig zu beurteilen. Schliesslich spreche ich auch mit Terroristen. Das kann man Journalisten auch nicht verbieten. Ich hätte aber solche Interview-Passagen entweder nicht ausgestrahlt oder zumindest kritisch kommentiert.

Hätte dem IZRS nicht klar sein sollen, dass dieses Interview strafrechtlich relevant sein könnte?Sie werden sich das schon überlegt haben, der Zentralrat ist nicht dumm. Sie dürften sich auf den Standpunkt stellen, dass Cherni als Beobachter unterwegs war, als eine Art Journalist. Er selber hat meines Wissens nie öffentlich dazu aufgerufen, nach Syrien in den Krieg zu ziehen und al-Qaida zu unterstützen. Dennoch transportiert er Gedankengut, das auch hier in der Schweiz als Nährboden für radikalen Islamismus dient.

Hofft die Bundesanwaltschaft, mit diesem Ermittlungsverfahren mehr über mögliche Verbindungen des IZRS zu islamistischen Organisationen herauszufinden?Wahrscheinlich sind die Behörden schon daran, einzelne Vertreter des Islamischen Zentralrats genauer anzuschauen. Meines Wissens steht Naim Cherni schon länger unter Beobachtung. Zu Recht: Cherni und IZRS-Sprecher Qaasim Illi sind in meinen Augen die radikalsten Vorstandsmitglieder des Islamischen Zentralrats. Bei ihnen muss man sich die Frage ernsthaft stellen, ob es sich um staatsgefährdende Personen handelt.

Muss man den IZRS verbieten, wie das etwa Saïda Keller-Messahli vom Forum für einen fortschrittlichen Islam fordert?Ja, diese Organisation sollte man verbieten. Man muss sich einfach darüber im Klaren sein, dass seine Aktivitäten dann im Untergrund fortgeführt werden. Wichtiger als ein Verbot wäre ein Gesetz, das alle religiösen Vereinigungen dazu zwingt, ihre Finanzen offenzulegen, gerade was Zuwendungen aus dem Ausland anbelangt. Wir dürfen nicht mehr tolerieren, dass radikales Gedankengut in der Schweiz mit Geldern aus Katar oder Saudiarabien gefördert wird. Die dubiose Struktur des IZRS bietet viel zu wenig Transparenz, um Geldströme nachverfolgen zu können.

Der Islamische Zentralrat will am Montag zu den Ermittlungen der Bundesanwaltschaft Stellung nehmen. Was erwarten Sie von der Pressekonferenz?Ich gehe davon aus, dass der IZRS die Islamophobie-Karte spielen wird: «Wir armen Muslime können nicht nach Syrien gehen und ein harmloses Interview führen, ohne dass die Bundesanwaltschaft interveniert.» Er wird sich vielleicht auch darüber empören, dass gegen Cherni ermittelt wird, und nicht gegen mich. Wir sind ja die Einzigen, die in letzter Zeit aus der Schweiz nach Syrien gereist sind.

Kurt Pelda ist freier Journalist und Kriegsreporter. Er berichtet regelmässig aus Syrien und dem Irak, unter anderem für die «Weltwoche». Pelda wurde 2014 zum Journalist des Jahres gewählt. (Bild: SRF)

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