«Hier gibt es nicht einmal einen Aldi oder Denner»

Aktualisiert

Flüchtlinge protestieren«Hier gibt es nicht einmal einen Aldi oder Denner»

Asylbewerber wurden Anfang Woche in ein Ferienheim im abgelegenen Val Müstair gebracht. Das missfiel ihnen: Sie weigerten sich, das Haus zu betreten.

nab/lüs
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Das alpine Sport- und Ferienlager Chasa Muntanella in Valchava im Val Müstair sollten ab Montag das neue Zuhause von 14 Asylbewerber werden. Doch die jungen Männer weigerten sich erst, dort einzuziehen, wie «Südostschweiz» und das Rätoromanische Fernsehen RTR berichten.

Der Betreiber Werner Braun hatte das Haus schön hergerichtet und einen Willkommensapéro vorbereitet. Er habe sich auf die jungen Männer gefreut, sagte er. Doch auf den Empfang folgte dann die Ernüchterung: Als die Flüchtlinge vor der Tür standen, streikten sie und weigerten sich, einzutreten. «Hier nicht gut», sagte einer der mehrheitlich jungen Eritreer. Was sie denn hier sollten, diese Unterkunft sei viel zu abgelegen. Es gebe keinen Aldi und keinen Denner, protestierten andere. Die 12 Franken, die ihnen täglich zur Verfügung stehen würden, reichten nicht für einen anderen Laden.

Keine Freude an den Massenschlägen

Enttäuscht über das Verhalten der jungen Männer ist auch Gemeindepräsident Arno Lamprecht, der gekommen war, um die Neuankömmlinge zu begrüssen. Er habe hilfsbedürftige Menschen erwartet, sagt er zur «Südostschweiz». Der Kanton hätte besser Familien hierhergeschickt – «die es einfach schätzen, ein Dach über dem Kopf zu erhalten und in Frieden leben zu können».

Das Problem: Die jungen Männer kamen nicht aus einer unkomfortablen Zivilschutzanlage, die meisten von ihnen wohnten die letzten eineinhalb Jahren in Chur, Davos und Laax. Einige wohnten vorher im Laaxer Hotel Rustico in Laax und beklagten sich, dass sie jetzt in einem Massenschlag schlafen müssten: «Wir sind Männer, wir können nicht so nahe beieinander schlafen.»

«Wollt ihr draussen schlafen?»

Eine Stunde lang weigerten sich die Männer, die Unterkunft zu beziehen, und blieben draussen stehen. Erst als Braun einen zuständigen Mann aus dem Erstaufnahmezentrum in Chur anrief, bezogen die Eritreer widerwillig ihr neues Zuhause.

Per Handy-Lautsprecher hatte sich dieser an die Flüchtlinge gerichtet und zu ihnen gesagt: «Wollt ihr draussen schlafen oder ein Dach über dem Kopf? Wenn ihr im Haus schlafen wollt, dann packt euer Zeug und geht rein.»

«Mittlerweile ist die Stimmung gut»

Mittlerweile ist der schlechte Start aber fast vergessen, wie Werner Braun am Mittwoch zu 20 Minuten sagt: Die neuen Bewohner hätten sich nun doch noch mit ihrer neuen Unterkunft angefreundet, die Stimmung sei gut: «Sie hören Musik und spielen Ball.»

Am Dienstag habe er sie erst einmal in Ruhe gelassen, aber am Mittwochmorgen habe er sich mit ihnen in einen Kreis gesetzt, und gemeinsam hätten sie einen Tagesplan erarbeitet, um Struktur in ihren Alltag zu bringen. Braun: «Dazu gehört, dass sie nun täglich mindestens zwei Stunden Deutschunterricht bekommen werden.» Dafür seien die Männer motiviert: «Das sind vife Kerle.»

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