«Ich bin sicher, ich hätte ein erfüllteres Sexleben»

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Beschnittene Männer erzählen«Ich bin sicher, ich hätte ein erfüllteres Sexleben»

Wenn es um die Entfernung der Penisvorhaut geht, scheiden sich die Geister: Während die einen ein Verbot der Beschneidung als wichtig erachten, empfinden es andere als überflüssig.

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Männer, die im Kindesalter beschnitten wurden, haben teils noch heute mit dem Eingriff zu kämpfen. Im Artikel erzählen sie ihre Geschichte. (Symbolbild)
Die Organisation Pro Kinderrechte fordert das Verbot der Beschneidung von Knaben. Es sei eine Verletzung des Rechts des Kind auf Unversehrtheit. Man schneide ein gesundes Körperteil ohne Zustimmung der Person ab.
Pro Kinderrechte geht so weit, die Beschneidung als die «häufigste systematische Menschenrechtsverletzung» weltweit zu nennen. (Auf dem Bild: Eine Anti-Beschneidungsdemonstration in den USA)
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Männer, die im Kindesalter beschnitten wurden, haben teils noch heute mit dem Eingriff zu kämpfen. Im Artikel erzählen sie ihre Geschichte. (Symbolbild)

Zoran Mladenovic

Den Penis eines Jungen zu beschneiden, sei ein irreversibler Eingriff mit langfristigen Nachteilen. Dies besonders im urologischen, psychologischen und sexuellen Bereich, teilt die Organisation Pro Kinderrechte mit. Sie fordert deshalb ein Verbot der sogenannten Zirkumzision. 20-Minuten-Leser haben zu dieser Forderung aufgrund eigener Erfahrung Stellung genommen.

So gibt es männliche Leser, die sich klar gegen die Beschneidung aussprechen und ein solches Verbot als notwendig erachten:

Patrick K.*, 36, Domat/Ems GR, Versicherungsberater

«Ich war neun Jahre alt, als ich beschnitten wurde. Dies eigentlich grundlos: Nur weil mein Vater seine Vorhaut entfernen lassen musste, wurde ich gleich präventiv beschnitten. Vor dem Eingriff hatte ich aber keine Ahnung, was mit mir passieren wird. Noch heute kann ich mich genau daran erinnern, wie ich mich fühlte, als der Verband abgenommen wurde: Ich war schockiert, verletzt und traurig. Jahre später noch schämte ich mich für meinen beschnittenen Penis. Auch physische Schmerzen musste ich durch diesen Eingriff erleiden: Wenn ich etwa als Teenager Fahrrad fuhr, schmerzte mein Glied wegen der fehlenden Schutzhaut. Heute, im Erwachsenenalter, wünschte ich mir meine Vorhaut noch immer zurück. Ich bin sicher, ich hätte ein erfüllteres Sexleben. Lange Zeit verspürte ich auch Wut auf meinen Vater, weil er diesen Entscheid einfach für mich gefällt hatte.»

Anonym

«Ich wurde aus medizinischen Gründen beschnitten, da ich unter einer Vorhautverengung, der sogenannten Phimose, litt. Ich war damals leider noch zu jung, um selbst zu entscheiden, ob ich denn eine Beschneidung überhaupt möchte. Eigentlich gäbe es bei einer Phimose noch ganz andere Behandlungsmöglichkeiten als eine Beschneidung, doch meine Eltern haben sich für eine Zirkumzision entschieden. Hätten meine Eltern noch gewartet und mich später selber entscheiden lassen, hätte ich mich nicht beschneiden lassen.»

Andere Leser, denen ebenfalls die Penisvorhaut entfernt wurde, sehen sich durch die Zirkumzision nicht benachteiligt. Im Gegenteil:

Flamur S.*, 22, Landquart, Ingenieur

«Bei uns Muslimen gehört die Beschneidung von Jungen einfach dazu. Ich wurde deshalb mit neun Jahren beschnitten. Für mich war der Tag des Eingriffs ein grosser Tag. Zu Hause gab es ein grosses Fest mit vielen Verwandten. Ich erhielt Geschenke und wurde gefeiert. Mit meiner Zirkumzision verbinde ich also absolut nichts Negatives. Sollte ich einst einen Sohn haben, werde ich ihn auch beschneiden lassen. Dies nicht nur aus traditioneller Motivation: Ein beschnittener Penis ist viel hygienischer und irgendwie auch stärker. Ein Verbot erachte ich deshalb auch als äusserst sinnlos. Es gibt Wichtigeres auf der Welt, das es zu regeln gibt.»

Fritz D.*, 84, Thusis, Rentner

«Ich war 82 Jahre alt, als ich mich von meinem Arzt habe beschneiden lassen. Vorher litt ich jahrelang an Blasenentzündungen. Deshalb musste ich mehrere Wochen lang Antibiotika nehmen. Auch wurde mir bereits ein Blasenkatheter gelegt. Mein Urologe empfahl mir schon vor Jahren eine Zirkumzision. Ich hatte aber stets Angst, weil ich viel Negatives über Beschneidungen gehört hatte. Doch zum Glück habe ich mich vor zwei Jahren dann doch gewagt: Es geht mir heute viel besser als früher. Auch sexuell habe ich wegen des beschnittenen Penis keine Probleme. Einzig ärgere ich mich heute, dass ich solange mit der Beschneidung gewartet habe.»

*Namen der Redaktion bekann

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