Schweizerin getötet«Leoparden sind sehr reizbar»
Eine Schweizerin (32) wurde von einem Leoparden getötet. Experte Marc Rosset über die Reizbarkeit, das Jagdverhalten und das Beuteschema der Raubkatze.
Herr Rosset*, kürzlich wurde eine Schweizerin in Südafrika von einem Leoparden angegriffen und getötet. Gelten Leoparden allgemein als aggressive Tiere?
Ja. Leoparden sind sehr reizbar. Sie sind Einzelgänger und wissen, dass der Mensch, neben dem Löwen, ihr grösster Feind ist. Ausserdem haben sie verschiedene Nahrungskonkurrenten, wie etwa Hyänen, weshalb sie immer auf der Hut sein müssen, wenn sie überleben wollen.
Die getötete Schweizerin wurde im Schlaf angegriffen. Ist das ein typisches Verhalten für Leoparden?
Eigentlich nicht. Leoparden sind zwar tag- und nachtaktiv, die anderen Tiere wissen das allerdings, weshalb sie in der Nacht vorsichtig sind: Dass der Leopard seine Beute im Schlaf überrascht, wird deshalb eher selten der Fall sein. Bei Safaris muss man allerdings beachten, dass die Tiere oft in Kontakt mit den Menschen sind. Vielleicht wusste deshalb der Leopard, wo er auf eine schlafende Beute treffen würde.
Gehört der Mensch also zum Beuteschema des Leoparden?
Ins Beutespektrum der Leoparden gehören unter anderem Tiere bis 70 Kilogramm. Theoretisch trifft das auch auf den Menschen zu. Es kann aber auch sein, dass die Schweizerin eher aus einem Reflex heraus angegriffen wurde, da kann man nur mutmassen.
In Ihrem Zoo halten Sie auch Leoparden. Welche Sicherheitsregeln müssen hier beachtet werden?
Die allerwichtigste Regel ist, dass nie ein Mensch und ein Leopard im gleichen Raum sein dürfen. Das wäre viel zu gefährlich. Wenn sich ein Pfleger im Gehege befindet, zum Beispiel um Futter zu verstecken, muss er zuerst schauen, dass er die Tiere in einem anderen Raum einsperrt.
Kommen also Vorfälle mit Leoparden häufig vor?
Ja. Allgemein mit Grosskatzen gibt es immer wieder Todesfälle in Zoos. Kürzlich wurde zum Beispiel in einem deutschen Zoo eine Pflegerin getötet. Die Leoparden-Pfleger werden deshalb bei uns bis ins Detail geschult. Mit solchen Tieren ist nicht zu spassen.
*Marc Rosset ist Kurator im Zoo Dählhölzli in Bern.