Interview mit syrischen Brüdern«Niemand kann uns zum Händedruck zwingen»
Die Händedruck-Verweigerer aus Therwil sorgen weltweit für Schlagzeilen. Jetzt melden sich die syrischen Brüder erstmals selbst zu Wort.
«Wir fügen doch niemandem Schaden zu», sagt der jüngere der zwei syrischen Brüder, die im Sek-Schulhaus in Therwil BL eine Händedruck-Dispens erhielten, was einen riesigen Wirbel auslöste. «Journalisten passen uns ab, in der Schule, in der Moschee. Wildfremde Leute drohen uns.» Im Interview mit der «Sonntagszeitung» zeigen sich die zwei Schüler schockiert über das Ausmass, das der Fall angenommen hat. «Niemand kann uns zwingen, Hände zu berühren.»
Für den älteren der zwei Knaben ist klar: «Politiker benutzen uns, um Stimmung gegen Muslime zu machen, ganz besonders Vertreter der SVP.» Und das obwohl er und sein Bruder gut integriert seien und sich an die Gesetze halten würden. «Wie kann man uns so angreifen, ohne uns zu kennen? Alle diese Leute, sie wissen nichts über uns.»
Sie wollten als Muslime ständig dazu lernen, sich verbessern. Ausdrücke wie «radikal» oder «fundamentalistisch» lassen sie nicht gelten. «Was heissen die Begriffe schon?», fragt der Ältere, «sind wir radikal, weil wir die Gebote des Islam befolgen? Das ist doch unsere Pflicht.»
Propagandavideo des IS geteilt
Zu Radikalisierungs-Befürchtungen der Schulleitung sagen sie: «Sind wir radikal, weil wir die Gebote des Islam befolgen? Das ist doch unsere Pflicht.» Ihr Vorbild sei der Prophet Mohammed. Dieser habe nie Frauen berührt – ausser seine eigene.
Unterdessen ermittelt die Polizei gegen den älteren Bruder, weil er auf seinem Facebook-Profil ein Propagandavideo des IS geteilt hat. «Mein Bruder und ich sind ganz klar gegen den IS. Der Islam verbietet es, Zivilisten zu töten.»
Sein kleiner Bruder hat offenbar auch Videos des Islamischen Staats auf Facebook gepostet. «Ich war damals zwölf Jahre alt», sagt er heute dazu, «da kannte ich den IS noch nicht einmal». Ihm habe vor allem die Musik in den Videos gefallen.
Bereits seit dem letzten Jahr wird das Brüderpaar vom Islamischen Zentralrat der Schweiz (IZRS) betreut. Vertreter der Organisation, die vom Nachrichtendienst beobachtet wird, begleiteten die zwei Brüder auch an Sitzungen mit der Therwiler Schulleitung.
Auch zwei Mädchen verweigern Händedruck
Die «Schweiz am Sonntag» berichtet von Mädchen, die ihrem Lehrer die Hand nicht geben. Die beiden Töchter eines konservativen Muslims besuchen die Basler Gymnasien Münsterplatz und Kirschgarten. Probleme hätten sie mit dem Schwimmunterricht, den sie verweigern und dafür jährliche Bussen von 750 Franken bezahlen.
Doch für die Begrüssung hätten sie eine konfliktfreie Lösung gefunden. Bei der ersten Begegnung würden sie den Lehrern jeweils die Hand reichen. Danach würden sie ihnen erklären, dass sie sich künftig auf eine kontaktlose Art begrüssen möchten: Indem sie die rechte Hand auf die linke Brust legen. Diese Form werde von den Lehrern akzeptiert, erzählt der Vater.