«Pferde sind ein beliebtes Objekt für Zoophile»

Aktualisiert

Schweizer Tierrechtler«Pferde sind ein beliebtes Objekt für Zoophile»

Die Stiftung für das Tier im Recht hat am Donnerstag ihren Bericht zur Schweizer Tierschutzstrafpraxis 2014 vorgestellt. Der Hauptfokus: Übergriffe auf Pferde.

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Er komme jetzt auf «etwas Unappetitliches, ein Tabu-Thema» zu sprechen, sagte Andreas Rüttimann, rechtswissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung für das Tier im Recht (TIR) am Donnerstagmorgen in Zürich vor den Medien. Zuvor hatte er ausgeführt, dass der Reitsport in der Schweiz boome: Während es 2002 noch 70'000 Pferde gab, seien es nun schon über 110'000 Tiere auf 18'000 Betrieben. Ein Wirtschaftszweig, der geschätzt 13'000 Vollzeitstellen schaffe und eine Branche mit 2 Milliarden Franken Umsatz jährlich.

Angesichts dieser Zahlen seien die die 105 registrierten Fälle von Tierquälerei bei Pferden im vergangenen Jahr «ziemlich wenig», so Rüttimann. In den letzten zehn Jahren waren es bloss 490 Fälle mit Equiden gewesen, was einem Durchschnitt von 49 Verfahren pro Jahr entspricht, «also nicht einmal zwei pro Kanton». Weil davon ausgegangen wird, dass rund 150'000 Menschen in der Schweiz Pferdesport betreiben, sagt Rüttimann: «Es muss von einer sehr hohen Dunkelziffer nicht geahndeter Verstösse ausgegangen werden.»

Sexuell missbrauchte Pferde

Bis 2008 waren sexuelle Kontakte mit Tieren aus rechtlicher Sicht in der Schweiz nicht per se untersagt. Der Bericht von Rüttimann und seiner Kollegin Nora Flückiger, ebenfalls rechtswissenschaftliche Mitarbeiterin bei TIR, hält fest: «Verglichen mit anderen Tierarten betreffenden Fällen weisen die Verfahren wegen an Pferden begangenen Tierschutzverstössen einen auffallend hohen Anteil an Zoophilie-Delikten auf.» Es gehe um 9,4 Prozent, bei fast jedem zehnten Tierschutz-Verfahren mit Pferden ging es um zoophile Handlungen.

Erklärungen dafür seien nur schwer zu finden, sagte Rüttimann bei der Präsentation der Resultate. Einerseits sei bekannt, dass Hunde die häufigsten Opfer Zoophiler seien. Und trotzdem: «Umfragen unter Zoophilen in der Fachliteratur weisen darauf hin, dass Pferde ein beliebtes Objekt sind», so Rüttimann. Die vergleichsweise hohen Zahlen könnten auch praktische Gründe haben: «Man muss dafür in den Stall – die Chance, erwischt zu werden, ist sicher grösser als bei einem Haustier.» Laut Schätzungen von Experten seien mehrere zehntausend Schweizerinnen und Schweizer zoophil veranlagt.

Feststellungen der Tierrechtler

Die TIR hielt fest, dass mit total 1709 Tierschutzstrafverfahren im vergangenen Jahr ein Höchstwert erzielt wurde. Landesweit habe sich die Fallzahl in den letzten zehn Jahren damit mehr als verdreifacht. Das bedeute nicht, dass mehr Tiere gequält würden, sondern, dass das neue Gesetz zu greifen beginne und mehr Leute Tierquäler zur Anzeige brächten.

Bei den Kantonen stellt der Bericht jedoch grosse Unterschiede fest: Ein Fünftel des gesamten Fallmaterials 2014 stammt aus dem Kanton Zürich (337), ausserdem können die Kantone St. Gallen (245) und Bern (218) hohe Fallzahlen ausweisen. Dies sei auf die in diesen Kantonen speziell geschaffenen verfahrensrechtlichen Strukturen zur konsequenten Ahndung von Tierschutzdelikten zurückzuführen. Positiv bewertet TIR zudem die Entwicklungen in den Kantonen Waadt, Neuenburg, Tessin und Basel-Stadt.

In anderen Kantonen würden Tierschutzdelikte hingegen nach wie vor kaum verfolgt und bestraft: Sehr tiefe Fallzahlen liegen aus Nidwalden (6), Genf (7), Appenzell-Innerrhoden (8) und Uri (9) vor. Die Analyse der ausgesprochenen Bussen, Geld- und Freiheitsstrafen zeige zudem, dass die Behörden den gesetzlichen Strafrahmen bei Weitem nicht ausschöpften.

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