Trauerfeier in Rupperswil«Schreckliches und Unglaubliches ist passiert»
Über 600 Menschen wollten am Freitag von Carla, Dion und Davin S. Abschied nehmen. Die Trauerfeier war sehr emotional. Doch Antworten auf das Unfassbare fanden die Leute kaum.
Der Mord an Familie S. und der Freundin des ältesten Sohnes erschütterte die Gemeinde Rupperswil in ihren Grundfesten. Umso wichtiger war es den Menschen, von den Opfern Abschied nehmen zu können. Rund 650 Leute fanden sich am Freitag zum Trauergottesdienst in der reformierten Kirche in Rupperswil ein.
Im Vorfeld war die Gedenkfeier minutiös geplant worden. Die Leute sollten in Ruhe trauern können. Nach und nach trafen sie am Nachmittag bei der Kirche ein, mehrere Schulklassen betraten gemeinsam das Gotteshaus und nahmen im vorderen Bereich Platz, wo sonst der Pfarrer seine Predigt hält. Viele von ihnen machen vor dem Betreten vor den Blumenkränzen halt, es herrschte Stille vor und in der Kirche. Kaum jemand sprach ein Wort.
«Für Carla waren ihre Kinder das Wichtigste»
Bereits um 13.30 Uhr wurden Neuankömmlinge ins Kirchgemeindehaus geschickt, wo es weitere Sitzplätze und eine Live-Übertragung gab. Neben dem Aargauer Regierungsrat Urs Hofmann, dem Gemeinderat sowie Arbeitskollegen waren sehr viele junge Leute in der Kirche. Wegen der grossen Besucherzahl standen viele an den Wänden und in Gängen, die Kirche war zum Bersten voll. Doch die engsten Vertrauten der Familie fehlten. Carlas Lebenspartner Georg M.*, ihre Eltern und ihr Bruder kamen nicht zur Trauerfeier. «Sie schafften es nicht, hier zu sein. Sie sind zu schwach», sagt Pfarrer Christian Bühler in seiner Rede.
Seine Aufgabe war es, gegen die Trauer und Fassungslosigkeit Trost zu spenden – eine schwierige Bürde. Doch Bühler fand wohltuende Worte, erzählte von schönen Momenten im Leben der Opfer und ihren Eigenschaften, die so viele geschätzt hatten. «Die drei waren immer gerne zusammen», sagt Bühler. «Man konnte mit ihnen gemeinsam lachen und reden. Für Carla waren ihre Kinder Dion und Davin das Wichtigste in ihrem Leben .»
«Simona passte einfach in die Familie»
Zusammen mit ihrem Lebenspartner habe sie viele Pläne für die Zukunft gehabt. Im Sommer wollte sie an das Adele-Konzert, die Tickets waren bereits gekauft. Nun lief der Song «Hello» an ihrer Trauerfeier.
Nicht nur Carla, auch Dion und Davin seien voller Lebenslust gewesen. Auch für Dions Freundin, die ebenfalls zu den Opfern zählt, findet der Pfarrer herzliche Worte. «Sie war bestens in die Familie S. integriert, sie passte einfach hinein.»
«Ein Weg, der heute zerbricht»
«Unsere Zeit war voller Freude. Ich kann mir nur schwer vorstellen, nicht mehr mit dir zusammen zu lachen», zitiert Bühler eine Mitarbeiterin und Freundin von Carla. «Mit dir konnte man Pferde stehlen.»
Man merkte, dass die Ereignisse dem Pfarrer ebenfalls nahe gingen. Immer wieder sprach er von der Geschichte, die nun plötzlich zerbrochen ist. Vom «Weg, der heute abbricht». Und von der Sinnlosigkeit.
Klasse trägt «Davin»-Shirt
Auch Gemeindeammann Rudolf Hediger richtete sich kurz an die Menschen. «Schreckliches und Unglaubliches ist passiert in Rupperswil, mitten unter uns. Wir vom Gemeinderat sind alle erschüttert über diese Gräueltat.» Er sprach den Angehörigen sein Mitgefühl aus und dankte den Einsatzkräften für ihre schwere Arbeit.
Schliesslich richtete sich Davins Lehrerin an die Menschenmenge. Sie und ihre Klasse trugen alle das gleiche Shirt, ein rotes Fussball-Trikot mit der Aufschrift «Davin».
Die Menschen im Saal trauerten. Jugendliche wischten sich Tränen aus den Augen – ihre Fassungslosigkeit ist unendlich. Auch bei Pfarrer Bühler. Die letzten zwei Stunden aus dem Leben der Opfer sind noch nicht rekonstruiert. «Die zwei Stunden sind einfach leer. Ich finde darin nichts, auch kein Wort Gottes», sagt der Geistliche. Was bleibt, sind viele offene Fragen.