«Teamarbeit macht faul und unglücklich»

Aktualisiert

Toll, ein anderer machts«Teamarbeit macht faul und unglücklich»

Im Team werden deutlich geringere Leistungen als bei Einzelarbeit erzielt, zeigen Experimente. Trotzdem ist Teamarbeit die Königsdisziplin der Soft-Skills. Zu Recht?

Claudia Peters
von
Claudia Peters
Experimente haben gezeigt, dass die Leistung von Probanden nachlässt, sobald man sich in Gesellschaft eines Teams glaubt.

Experimente haben gezeigt, dass die Leistung von Probanden nachlässt, sobald man sich in Gesellschaft eines Teams glaubt.

Jeder kennt die Situation: Man sitzt im Restaurant, möchte gerne bestellen und wird einfach nicht bedient – obwohl diverse Servicekräfte offenbar unbeschäftigt hinter dem Tresen stehen. In diesem Team fühlt sich offensichtlich niemand für den neuen Gast zuständig.

«Teamarbeit macht faul und unglücklich», sagt Volker Kitz, freier Buchautor, gegenüber Spiegel online. Experimente hätten gezeigt, dass die Leistung von Probanden nachlasse, sobald man sich in Gesellschaft eines Teams glaube. Die Probanden mussten mit verbundenen Augen Seil ziehen. Einmal, so wurde ihnen gesagt, allein und ein zweites Mal in einer Gruppe. Das Ergebnis war markant: Glaubten die Probanden, im Team zu ziehen, war ihre Leistung viel schwächer. Damit wurde auch die frühere These ausgehebelt, dass schwächere Leistungen bei Teamarbeit vor allem ein Koordinations- und nicht ein Motivationsproblem seien.

Im Team muss man sich weniger anstrengen, könnte man daraus folgern. Glücklich macht dieses als «soziales Faulenzen» bekannte Phänomen aber laut Kitz ebenfalls nicht. In der Teamarbeit fehle die Wertschätzung der individuellen Arbeit. Und Lorbeeren für gute Leistung verteilten sich möglicherweise ungerecht auf alle Teammitglieder. Das zerstöre die Motivation und führe dazu, dass Teammitglieder sich schlechter auf eine Teamarbeit vorbereiten als auf eine individuelle Aufgabe.

Team = Toll, ein anderer machts

Deshalb rät Kitz: Wer sich als Arbeitnehmer selber vor der «sozialen Faulheit» schützen möchte, soll sich eigene Aufgaben innerhalb der Teamarbeit suchen – und darauf bestehen, dass diese auch separat bewertet werden.

Wenn in einem Team alle das Gleiche machen, leidet die Einzelleistung. Diese Einschätzung teilt auch Bruno Staffelbach, Professor für Human Resource Management an der Universität Zürich. Teamarbeit funktioniere dann nach dem Motto «Team: Toll, ein anderer machts!» Das trifft fürs Seilziehen ebenso zu wie zum Beispiel fürs Rudern im Achterboot oder für eine Putz-Brigade im Hausdienst.

Nische für Trittbrettfahrer

Trotz dieser ernüchternden Erkenntnis müsse man die Teamarbeit aber nicht gleich verteufeln. Sie könne durchaus gewinnbringend sein. Wichtig sei, dass sich die Aufgaben und Qualifikationen der Teammitglieder unterscheiden. Staffelbach erklärt: «Vergleichen Sie es mit der Boxenmannschaft bei der Formel 1.» Wenn in einem Team jeder Spezialist und für einen Teilbereich alleine verantwortlich sei, könne die soziale Kontrolle durch das Team sogar leistungsfördernd wirken.

Auch Theo Wehner, Professor für Arbeitspsychologie an der ETH Zürich, möchte die Teamarbeit nicht als leistungshemmend abtun: «Natürlich bietet die Teamarbeit Nischen für Trittbrettfahrer. Es ist aber ein Mythos, dass sich diese Leute in Einzelarbeit markant mehr anstrengen würden.» Er räumt aber ein: «Die Teamarbeit bewegt sich in einem Spannungsfeld von einer völlig individualisierten Gesellschaft und einer Arbeitwelt, die vorwiegend auf Kooperation setzt. Hier müssen Arbeitsgeber bei Teamaufträgen die Balance finden.»

Unternehmen setzen auf Teamarbeit

Bei den meisten Unternehmen ist man vom Nutzen der Teamarbeit nach wie vor überzeugt. Bei der Post hiess es auf Anfrage: «Wir setzen auf Teamarbeit. Zum Beispiel beim Wissenstransfer zwischen Mitarbeitern ist gute Teamarbeit unabdingbar.» Und auch die Migros kann die Kritik an der Teamarbeit nicht aus eigener Erfahrung bestätigen und ergänzt: «Natürlich muss ein Team gut geführt werden und jeder Mitarbeiter bekommt eigene Aufgaben.»

Deine Meinung zählt