ImagepflegeScientologen wollten Schulen unterwandern
Mit einem vermeintlich harmlosen Film über die Menschenrechte hat Scientology versucht, in Schweizer Klassenzimmer vorzudringen. Die PR-Aktion flog im letzten Moment auf.

Imagepflege für die Scientology: Die vermeintlich harmlose DVD über Menschenrechte.
«Die Geschichte der Menschenrechte»: Die DVD, die die von Scientologen gesponserte Organisation «Jugend für Menschenrechte» im Waadtland an Schulen verteilen wollte, trägt einen harmlosen Titel. Auch der Inhalt ist scheinbar unproblematisch: Der Film handelt von der Entstehung und Entwicklung der Menschenrechte von 1948 bis heute – nicht von Hubbard, Auditing oder Religion. Es erstaunt daher nicht, dass der Streifen im Frühling beinahe den Weg in die Klassenzimmer fand.
Gemäss «24 heures» lobbyierte die Organisation intensiv dafür, dass die Schulen ihre DVD im Geschichtsunterricht zeigen. Im Februar präsentierte die Präsidentin des Westschweizer Ablegers der Organisation, Gisèle Benoit, die DVD einem pädagogischen Mitarbeiter des Erziehungsdepartments VD. Dieser hegte lange keinen Verdacht. Erst Wochen später, als er im Internet die Organisation googelte, bemerkte er ihre enge Verbindung zur Scientology-Kirche.
«Nur vordergründig harmlos»
Das Erziehungsdepartment verbot der Organisation darauf Ende Mai, die DVDs weiter an Schulen zu schicken und drohte mit rechtlichen Schritten. «Wir können nicht zulassen, dass eine solche DVD ausgestrahlt wird. Die Verbindung mit Scientology verbietet das», so Serge Martin, Assistent der Waadtländer Bildungsdirektion (DGEO). «Jugend für Menschenrechte» spricht von Zensur. Man habe die Verbindung zur Scientology nie verschwiegen, sagt Gisèle Benoit. «Wir waren völlig transparent.» Der Mitarbeiter des Erziehungsdepartments sagt, Scientology sei in all den Gesprächen nie erwähnt worden.
Sekten-Experte Georg Otto Schmid überrascht das nicht: «Die Organisation Jugend für Menschenrechte deklariert nicht von sich aus, wer sie finanziert.» Er hält es für völlig richtig, dass die DVD aus der öffentlichen Schule verbannt wird. Sie sei nur vordergründig harmlos. «Scientology betreibt mit dem Film Imagepflege. Die Mitglieder von Jugend für Menschenrechte präsentieren sich so als junge, sozial eingestellte, engagierte Bürger.» Die Gefahr sei, dass sich die Schüler davon angezogen fühlen könnten. «Sie wollen sich auch engagieren, gehen zur Organisation und werden dort dann von Scientologen kontaktiert.»
Viele Versuche der Einflussnahme im Schulbereich
Klar ist: Es wird nicht der letzte Versuch von Scientology gewesen sein, Schweizer Kinder für sich zu gewinnen. «Die Sekte versuchte in der Vergangenheit immer wieder, ihre Bücher in Schulbibliotheken unterzubringen. Auch diese scheinen auf den ersten Blick zum Teil völlig harmlos.» In Zürich warb zudem eine von Scientologen geführte Privatschule auch Kinder von Nicht-Scientologen an. Zudem versucht die Kirche, mit einer Aktion gegen Ritalin Einfluss auf Kinderärzte zu nehmen.