ReligionsfreiheitFDP-Mann Portmann will den IZRS verbieten
FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann will islamistische Organisationen verbieten. Notwendig oder unsinnig?
«Genug ist genug», sagte die britische Premierministerin Theresa May nach den jüngsten Terroranschlägen in London. Härtere Massnahmen seien nötig. Es brauche neue Gesetze und höhere Strafen. Auch FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann sieht höchsten Handlungsbedarf: «Islamistische Bewegungen, die Ideologien wie die der Scharia oder dem Jihad nahestehen, sind die grösste Bedrohung der zivilisierten Welt.» Deshalb fordert er: «Organisationen, die sich innerhalb ihrer Kulturen nicht deutlich von verfassungswidrigem Verhalten abgrenzen oder gar damit sympathisieren, müssen verboten und deren verantwortliche Personen der Justiz überführt werden.»
Am Dienstag hat Portmann einen Antrag für eine Kommissionsmotion eingereicht, in der der Bundesrat beauftragt wird, ein Verbot des Islamischen Zentralrats Schweiz (IZRS), des Vereins «Die wahre Religion» mit seiner Koranverteilkampagne «Lies!» und allenfalls weiterer Organisationen durch die UNO und/oder OSZE überprüfen zu lassen und, falls angebracht, ein solches zu erwirken.
Beim IZRS laufen gegen drei Vorstandsmitglieder ein Strafverfahren der Bundesanwaltschaft wegen Verstössen gegen das Verbot der al-Qaida und des Islamischen Staates. Gemäss Schätzungen sind ein Dutzend «Lies!»-Aktivisten aus der Schweiz als Gotteskämpfer ins syrisch-irakische Kriegsgebiet ausgereist.
«Wahre Gefahr geht von Politikern aus»
«Als FDP-Politiker stehe ich für eine freie Gesellschaft ein. Doch will man möglichst viele Freiheiten gewähren, muss Missbrauch hart bekämpft werden.» Die vergangenen Monate hätten leider gezeigt, dass gerade diejenigen Länder Opfer von Terroranschlägen geworden seien, die mit radikalen Organisationen sehr freizügig umgegangen seien. «Die Religionsfreiheit hat Grenzen. Es darf nicht sein, dass unter deren Deckmantel menschenverachtendes Gedankengut verbreitet, Frauen und Andersdenkende unterdrückt und Lynchmorde gutgeheissen werden. Ersticken wir das nicht bereits im Keim, wächst es zu einem Krebsgeschwür in der Gesellschaft an.» So habe es sich auch nach der Naziherrschaft mit den damit verbundenen rechtsradikalen Gruppierungen verhalten oder nach dem RAF-Terror mit den linksradikalen Sympathisanten.
«Mit einem Verbot würden grundlegende Freiheitsrechte bedroht», entgegnet IZRS-Sprecher Qaasim Illi. Die wahre Gefahr gehe nicht von Moscheen oder islamischen Organisationen aus – auch nicht von Koranverteilern –, sondern von Politikern, «die bar jeder Expertise öffentlichkeitswirksame Massnahmen fordern und damit auf Stabilität bedachte Strukturen bedrängen». Dies komme dem Ausschluss des Lösungswegs gleich und fördere unverbindliche Strukturlosigkeit.
«Mit Kanonen auf Spatzen schiessen»
Marc Forster, Strafrechtsprofessor an der Universität St. Gallen, hält den politischen Vorstoss für unsinnig: «Gesetzlich verboten gehören terroristische Gruppierungen wie etwa der IS oder Al Qaida, aber nicht Vereine, welche Koran-Bücher gratis verteilen oder sich politisch-weltanschaulich in der Öffentlichkeit exponieren.»
Mit «Kanonen auf Spatzen» zu schiessen, wirke sich hier doppelt kontraproduktiv aus: «Erstens erhalten die Koranverteiler durch staatliche Verbote genau die unverdiente Propaganda, die sie sich wünschen. Zweitens werden richtige Terroristen in gefährlicher Weise verharmlost, wenn der Schweizer Gesetzgeber sie auf dieselbe Stufe stellt wie den IZRS oder dubiose Vereine, die Koranübersetzungen verteilen.» Forster bedauert, dass «gewisse Politiker diese Zusammenhänge ausser Acht lassen und den internationalen Terrorismus offenbar eher für ihre Eigenwerbung instrumentalisieren».
Deutschland hat schon gehandelt
In Deutschland hat das Innenministerium bereits im November das lose Netzwerk «Die wahre Religion» verboten. Ihr Kopf, Ibrahim Abou-Nagie, fällt immer wieder durch hetzerische Videos auf. Seine Botschaft: Alle Menschen, die sich nicht seiner Auslegung des Islam anschliessen, landen unweigerlich in der Hölle. Ins Paradies kommen nur solche Muslime, die der strengen Auslegung des Islam folgen, die Salafisten predigen. Auch die Stadt Zürich hat letzten Monat entschieden, dem salafistischen Verein keine Bewilligungen für Koran-Stände von «Lies!» mehr auszustellen.