«Es gibt weiss Gott genug Katzen in der Schweiz»

Aktualisiert

Streuner aus dem Süden«Es gibt weiss Gott genug Katzen in der Schweiz»

Schweizer importieren immer öfter Streunerkatzen aus dem Ausland. Ausgerechnet Tierschützer haben dafür wenig Verständnis. Sie fordern zur Adoption von Schweizer Katzen auf.

von
Arno Meili

Strassenkatzen im Ausland haben oft ein grauenhaftes Schicksal. Sie werden misshandelt, gequält und ausgesetzt. Aus diesem Grund entscheiden sich immer mehr Schweizer, eine Katze aus dem Ausland zu adoptieren, sagt Carin Uebelhart, Leiterin des Katzenportals Spanien Schweiz. Seit zehn Jahren vermittelt sie Katzen aus Madrid und Malaga an Tierfreunde in der Schweiz. Rund 1000 Katzen haben auf diese Weise schon ein neues Zuhause gefunden. «Ich möchte den Katzen eine neue Chance geben. In Spanien werden sie meist wie Abfall behandelt», so Uebelhart.

«Allgemein hat der Import von Katzen in den letzten Jahren stetig zugenommen», sagt Denise Delley, Geschäftsführerin von Anis. In der Datenbank von Anis können Katzenhalter ihre Tiere registrieren lassen. Allein in den letzten drei Jahren wurden rund 10'000 neue Katzen in der Datenbank aufgenommen. «Da aber keine Registrierungspflicht besteht, ist die wahre Zahl wahrscheinlich noch viel höher», vermutet Delley.

Tierschützer schiessen scharf gegen Importe

Obwohl der Import von Katzen nicht illegal ist, bläst den Vermittlern ein kalter Wind entgegen. Für Beatrice Kirn, Geschäftsführerin des Tierheims beider Basel löst der Kauf von Katzen im Ausland keine Probleme: «Das ist falsch eingesetzte Tierliebe. Man sieht in den Ferien oder im Internet Bilder von misshandelten Katzen und will etwas Gutes tun. Mit einer Adoption ist aber niemandem geholfen.» Helen Sandmeier, Sprecherin des Schweizer Tierschutzes (STS), findet noch klarere Worte: «Das ist ein Blödsinn. Es gibt weiss Gott genug Katzen in der Schweiz, die ein neues Zuhause suchen.»

Im Jahr 2011 wurden 12'928 Katzen von Tierheimen der Sektionen des STS aufgenommen. Für 2012 befürchtet Helen Sandmeier eine eher noch höhere Zahl. Beatrice Kirn beobachtet diesen Trend mit Sorge: «Momentan werden sehr viele Tiere zu uns gebracht. Zuerst sollte man diese aber kastrieren und vermitteln, bevor man Katzen aus dem Ausland importiert.» Allein 2011 wurden vom STS 240'000 Franken für Kastrationen aufgewendet. Dabei wurden mehr als 11'000 Katzen kastriert.

Strassenkatzen sollten nicht in Wohnung

Ähnliche Projekte sollten laut Corinne Abplanalp, Kampagnenleiterin von Vier Pfoten, auch im Ausand unterstützt werden: «Man sollte die Tiere vor Ort kastrieren, anstatt sie zu importieren.» Auch Andreas Rüttimann, Rechtsexperte bei Tier im Recht, plädiert für Lösungen vor Ort: «Nur durch die Verbesserung der Bedingungen im entsprechenden Land kriegt man die Probleme auch in den Griff.»

Ein weiterer kontrovers diskutierter Punkt ist die Haltung von Streunerkatzen als Wohnungskatzen. «Katzen von der Strasse in einer Wohnung, das endet meist in einer Katastrophe. Häufig werden sie unsauber oder zerstören die komplette Wohnungseinrichtung», sagt Helen Sandmeier. Carin Uebelhart widerspricht: «Wir vermitteln nur Katzen, die zu 100 Prozent resozialisiert wurden und als ganz normale Hauskatzen gehalten werden können.» Zudem seien die Katzen häufig in so einem desolaten Zustand, dass sie gar nicht mehr raus wollen, so Uebelhart.

Kritik am Tierschutz

Weiter erklärt sie, dass es in Schweizer Tierheimen im Gegensatz zu ihrer Plattform für alte und kranke Menschen kaum möglich sei, eine Katze zu adoptieren. Rommy Los, Leiter des Tierheims Zürcher Tierschutz, widerspricht: «Es gibt keine Regeln bezüglich Alter oder Gesundheitszustand, vielmehr muss die artgerechte Haltung sichergestellt werden. Die Bedürfnisse des Tieres und der Interessenten müssen gut zusammenpassen.»

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