«Respektiere mich, egal wie kurz mein Rock ist»

Aktualisiert

Macho-Jungs«Respektiere mich, egal wie kurz mein Rock ist»

Zehnjährige in Miniröcken, mit falschen Fingernägeln, Extensions: Machos hätten den Stil zu respektieren, sagen die einen. Pure Provokation, finden die anderen.

D. Pomper
von
D. Pomper
Jugendcoach Sefika Garibovic berichtet von 10-jährigen Mädchen, die Miniröcke, Absatzschuhe und Korsette tragen oder falsche Wimpern, Fingernägel und Haarextensions haben. «Ich sehe Mädchen, die herumlaufen wie Prostituierte.»

Jugendcoach Sefika Garibovic berichtet von 10-jährigen Mädchen, die Miniröcke, Absatzschuhe und Korsette tragen oder falsche Wimpern, Fingernägel und Haarextensions haben. «Ich sehe Mädchen, die herumlaufen wie Prostituierte.»

Der Artikel über jugendliche Machos, die Mädchen als «Schlampen» beschimpfen und sie sexuell belästigen, hatte unzählige Reaktionen zur Folge. Zahlreiche junge Männer waren der Meinung, dass das Problem auch noch eine andere Seite habe.

Ein Security-Mitarbeiter erzählt: «In den Clubs bieten sich die Frauen in den knappsten und kürzesten Outfits den Typen an, als würden sie am Sihlquai stehen. Es ist erschreckend.» 16-jährige Mädchen würden ihm am Clubeingang ihre Handynummer anbieten oder ihn fragen, ob sie ihn oral befriedigen sollten, um in den Club hineinzukommen. Das Fazit des jungen Mannes: «Wie soll man vor solchen Frauen noch Respekt haben? Sie anständig behandeln?»

«Der Feminismus hat versagt»

Expertin für Nacherziehung und Jugendcoach Sefika Garibovic, die oft in Primarschulen unterwegs ist, berichtet von zehnjährigen Mädchen, die Miniröcke, Schuhe mit Absätzen und Korsette tragen würden oder falsche Wimpern, Fingernägel und Haarextensions hätten. «Ich sehe Mädchen, die geschminkt sind wie Uriella und herumlaufen wie Prostituierte.» Die Mädchen stammten aus allen sozialen Schichten, sehr wohl auch aus gutbürgerlichen Kreisen.

Für Garibovic ist klar: «Der Feminismus hat in der Schweiz versagt.» Dieser habe doch zum Ziel gehabt, Frauen zu selbstbewussten Menschen zu machen, die von ihren Mitmenschen respektiert würden. Mit ihrem Auftreten aber würden sie sich als Sexobjekte präsentieren. «Sie geben dem Druck seitens der Macho-Jungs nach und kleiden sich so, um ihnen zu gefallen.»

Sendungen wie «Bachelor», in der zwanzig «Ladys» um die Gunst eines Schönlings kämpfen, würden sich negativ auf das Frauenbild auswirken: «An den Schulen beobachte ich regelrechte Haremsbewegungen. Da scharen sich ein Dutzend Mädchen um einen Jungen», sagt Garibovic. Sie würden sich den Jungs regelrecht anbieten. «Anstatt Haltung zu bewahren, erniedrigen sie sich so selber.» Es sei höchste Zeit, dass Eltern jetzt intervenierten.

Laut SP-Nationalrat Cédric Wermuth haben TV-Formate wie «Bachelor» oder «Germany's Next Topmodel» Mädchen in altmodische Rollenbilder gedrängt. Er beobachte Zwölfjährige, die Frauen nacheiferten, deren einziges Ziel es sei, eine Rose vom Bachelor zu ergattern. Deshalb wehrten sie sich kaum, wenn sie von Männern erniedrigt würden. «Die Machokultur hat auch bei den Schweizern Einzug gehalten.» Etwas müsse nach der letzten feministischen Welle schiefgelaufen sein.

«Ausdruck des freien Willens»

Gegen diesen Vorwurf wehrt sich Rosmarie Zapfl, Feministin der ersten Stunde und ehemalige Präsidentin des Schweizerischen Frauendachverbandes Alliance F. «Mädchen dürfen sich heutzutage so anziehen, wie sie wollen – ob wir das nun hübsch finden oder nicht.» Der Kleidungsstil demonstriere: «Ich mache, was mir gefällt. Weder Mama noch Papa haben sich da einzumischen.» In dem Sinne sei es ein Ausdruck von Selbstbewusstsein. Den Kleidungsstil von Mädchen als Freipass dafür zu benutzen, Schülerinnen als «Schlampen» zu bezeichnen, sei absolut unzulässig. Dagegen müssten sie sich wehren: «Die Mädchen müssen den Jungs klarmachen: ‹Du hast mich zu respektieren, egal wie ich mich kleide, egal wie kurz mein Rock ist.›»

Claudine Esseiva, Generalsekretärin der FDP-Frauen, plädiert für einen Geschlechterdialog auf Augenhöhe: «Jeder soll selber entscheiden, wie er sich anziehen will. Dieser Entscheid muss respektiert werden.»

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