«Ich wollte meine Liebe nicht im Geheimen leben»

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Priester-Coming-Out«Ich wollte meine Liebe nicht im Geheimen leben»

Als sich Luca V.* vor acht Jahren in einen Mann verliebte, arbeitete er als Priester. Für sein Liebesglück hängte er die Sutane an den Nagel.

Deborah Onnis
von
Deborah Onnis
Luca V. verliebte sich als Priester in einen Mann.

Luca V. verliebte sich als Priester in einen Mann.

Auf der Rangliste der homophoben Berufe belegt die katholische Kirche den ersten Platz. Der heute 44-jährige Psychotherapeut Luca V.* hat vor acht Jahren für seinen Partner sein Priesteramt aufgegeben. Er weiss, was sich hinter den geschlossenen Türen der katholischen Kirche abspielt, wenn sich jemand als homosexuell bekennt.

Mit dem Liebesglück stand für Luca V.* eine schwierige Entscheidung bevor, die er mit dem Herzen traf: «Ich konnte es mit meinem Zölibat einfach nicht vereinbaren, Priester zu bleiben und eine Beziehung zu haben», erzählt Luca V.* «Zudem wollte ich meine Liebe nicht im Geheimen leben müssen», sagt er weiter.

Vorgesetzter selber homosexuell

Ehrlich erzählte er seinem direkten Vorgesetzten von seiner homosexuellen Orientierung. Dieser war etwa nicht schockiert, sondern verriet ihm gleich, dass er selber homosexuell sei. Weiter ermutigte er den jungen Priester zu bleiben. «Ich wollte meine Liebe aber frei ausleben können», meint Luca V.*. Lange habe sein Vorgesetzter auf ihn eingeredet, überzeugen konnte er ihn aber nicht.

Mit einem Kündigungsbrief meldete sich Luca V.* von seinem Amt ab. Eine Antwort oder eine Eingangsbestätigung habe er aber bis heute noch keine erhalten. Theoretisch könne er deshalb beispielsweise noch Hochzeiten zelebrieren. «Da ich mich aber nicht mehr als Priester sehe, übe ich auch keine meiner alten Funktionen aus», sagt Luca V.*, der heute als Psychotherapeut arbeitet.

Neues Leben aufgebaut

«Mit meinem Abgang von der katholischen Kirche schlossen sich für mich sehr viele Türen», erzählt er. Obwohl er sein Coming-out erst nach seinem Austritt hatte, gab es für ihn keine Möglichkeit, eine Arbeit in seinem früheren Tätigkeitsbereich zu finden. «Die Kirche will niemanden beschäftigen, der offiziell schwul ist», sagt Luca V.*. Inoffiziell aber offensichtlich schon. Auch von seinen zwei besten Freunden aus der Kirche habe er seit seinem Austritt nichts mehr gehört.

«Ich musste mir ein neues Leben schaffen», sagt er. Glücklicherweise hatte er während seiner Amtszeit eine Psychotherapie-Ausbildung gemacht. Auf diese habe er dann seine neue Arbeit aufgebaut. «Am Anfang war es hart, aber es hat sich definitiv gelohnt», sagt Luca V.* zufrieden und betont: «Ich bereue den Schritt keine Sekunde.»

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