James Bond erobert «sein» Schilthorn zurück

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007James Bond erobert «sein» Schilthorn zurück

Es steht am Ende jedes 007-Films: «James Bond will return». Jetzt hat George Lazenby das Versprechen auf dem Berner Schilthorn eingelöst.

Roland Schäfli
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Roland Schäfli

Ein Wahrzeichen der Berner Alpen wäre ohne die Hilfe des britischen Geheimagenten Ihrer Majestät nicht möglich gewesen. (Video: Roland Schäfli)

Der Berg und Bond sind untrennbar verbunden. Das wurde am Freitag in einer feierlichen Zermonie noch zementiert. Dabei hat 007 schon 1968 seine unübersehbaren Spuren hinterlassen: Das Drehrestaurant auf knapp 3000 Metern wäre ohne ihn nicht, was es heute ist. Zwar wurde es am Ende von «Im Geheimdienst Ihrer Majestät» kunstvoll in die Luft gejagt. Doch zum Glück der Fans handelte es sich dabei nur ums Modell. So dass die Alpenfeste, Bösewicht Blofelds Hauptquartier, für immer stehenblieb. Auf einem «Walk of Fame», einem Gang über die Krete, durften sich jetzt neben 007-Darsteller George Lazenby der fünfmalige Bond-Regisseur John Glen, Stunt-As Vic Armstrong, ein Bond-Baddie und nicht weniger als drei Bondinen verewigen. Unter den Ehrengästen auch Stefan Zürcher, dessen internationale Karriere als Location Manager ebenfalls mit dem «Schilthorn-Bond» begann. Er hat eben sein 10. Engagement im Geheimdienst der Bond-Produzenten absolviert: Anderthalb Jahre arbeitete er am neuen 007-Streifen «Spectre», unter anderem an einer gewagten Landrover-Verfolgungsjagd im Schnee. Zürcher verrät gegenüber 20 Minuten: «Das wird der beste Bond aller Zeiten!»

Noch immer im Auftrag Ihrer Majestät

«Now they want me to go to Switzerland right after this picture. They may think so, but I don't». Sean Connery hatte keine Lust auf die Switzerland-Location und einen weiteren Bond-Streifen. War die Schweiz ein bisschen mit Schuld, dass Connery seine Lizenz zum Töten zurückgab? So konnte sich George Lazenby ins Spiel bringen, der die Gunst der Produzenten mit einem selbstsicheren Spruch gewann: «I believe you're looking for James Bond.» Damals wusste er freilich noch nicht, dass sein einziger Auftritt als Geheimagent 007 ihn fürs Leben festlegen würde. «Hier bin ich, 47 Jahre später, und verdiene mein Geld noch immer als James Bond», sagte der rüstige Senior, den nicht einmal die Höhe aus der Puste bringen konnte. An die Zeit in Mürren erinnert er sich genau: «Ich hatte im Hotel Palace das einzige Badezimmer im Ort. Dass ich sogar ein Telefon im Bad hatte, fand ich allerdings bizarr.» Der Mann, der oft mit seinem Bond-Image haderte und nach nur einem Film aus der Serie ausstieg, zeigte auf dem Schilthorn, dass nur sein Humor noch trockener ist als Bonds Martini. Nach dem ereignisreichen Einsatz trafen wir ihn um Mitternacht noch an der Bar im Hotel Eiger an, wo seinerzeit schon lange gezecht wurde. George hatte zwar keine Bondine im Arm. Aber ein kühles Blondes. Und baggerte tatsächlich lokale Schönheiten an. Denn, so meint er entschuldigend: James Bond ist gerade wieder Single.

Obwohl sich baulich in 47 Jahren doch das eine oder andere geändert hat – der kreisrunde Heli-Landeplatz mit den coolen, versenkbaren Stahlgeländern wich einer praktischeren Aussichtsplattform – fällt aufmerksamen Besuchern auf, dass Requisiten als Dekoration Wiederverwendung fanden. Am augenfälligsten das Wappen des Grafen de Bleuchamp, das für den Plot eine wichtige Rolle spielt: das heraldische Prop mit dem Wildschwein zierte früher unauffällig die Wand an der Rolltreppe und ist heute prominent in der 007-Ausstellung platziert. Der Mann, der das Schilthorn für 007 entdeckte, fehlt allerdings im «Walk of Fame».

Der Mann, der das Schilthorn entdeckte

Tatsächlich war das «Sphinx»-Observatorium auf der Spitze eines ganz anderen Schweizer Bergs die Inspiration für 007-Erfinder Ian Fleming: die Jungfrau. Leichter geschrieben als gefunden. Produktionsdesigner Syd Cain suchte erst in Frankreich. Doch die Weltkriegsbunker an der alten Maginot-Linie gaben visuell zuwenig her. Einer der Produzenten schlug St. Moritz vor. Doch die dortigen Befestigungen der Schweizer Armee in den Bergen würden das Drehen zu stark erschweren. Der Pilatus war der nächste Stopp. Die Bergbahn hätte gepasst. Doch oben fand sich nichts, was einer Alpenfestung gleichen würde. Vorerst war die Schweiz als Drehort abgeschrieben. Produktionsmanager Hubert Fröhlich sollte als nächster auf die Suche gehen. Er durchkämmte die italienischen Alpen, nahm Innsbruck unter die Lupe. Auch er fand schliesslich den Weg in die Schweiz. Unterzog die Diavolezza einer genaueren Betrachtung. Schliesslich wollte er auch den Eiger aus der Nähe sehen.

Als er dafür in Grindelwald am 2. März 1968 im Hotel Adler abstieg, klönte er sein Problem dem Concierge, einem Herrn Egger. Herr Egger wusste wohl nicht, dass er damit Filmgeschichte schrieb, als er vorschlug: «Warum gehen Sie nicht nach Mürren?» Am Postkartenstand des Hotels fand Fröhlich eine nagelneue Postkarte des Schilthorns. Mit einer Skistation oben drauf. Schon am nächsten Morgen fuhr er aufgeregt nach Stechelberg. Und wenige Stunden später klingelte in London das Telefon. Fröhlich teilte den 007-Produzenten mit, er habe die perfekte Location gefunden. Regisseur Peter Hunt stimmte zu: «Als ob Fleming es gesehen und direkt ins Buch geschrieben hätte.»

Briten investieren in Schweizer Berg

Das Schilthorn war zwar gefunden, damit jedoch längst nicht drehbereit. Ernst Feuz, CEO des Schilthorn-Unternehmens, griff sofort nach der goldenen Business-Oportunity, mit den Briten gemeinsame Sache zu machen. Bis dahin hatte Feuz bereits seit acht Jahren Millionen in sein luftiges Projekt gesteckt, und noch immer war das Drehrestaurant nicht fertig.

Kameramann Michael Reed war besorgt wegen der Verglasung des Panorama-Restaurants. Glasscheiben wurden nach London geflogen. Um zu testen, ob Filter am Glas angebracht werden müssten, um die korrekte Filmbelichtung sicherzustellen. Und schon das nächste Problem: das Schilthorn verfügte nicht über die Elektrizität für die notwendige Beleuchtung. Die Firma Saurer in Arbon war interessiert, einen Generator-Prototypen herzustellen, der auf dieser Höhe 350 PS produzieren könnte. Denn Saurer wollte das Gerät, eigentlich für Ecuador entwickelt, unter Extrembedingungen testen.

Dann warf die Schweizer Bürokratie den Bond-Machern einen Knüppel zwischen die Beine. Ein Heli-Landeplatz auf dem Gipfel? Das würde doch das Gesamtbild stören! Die Produzenten wiesen auf den Nutzen für eine Bergrettung hin. In 12 Wochen entstand der Heliport auf Kosten der 007-Produktion für 60000 Britische Pfund. In der ersten Oktoberwoche schaffte das Team 25 Tonnen Material herauf. Und am 21. Oktober 1968: erster Drehtag. Fröhlich hatte einen Schronsteinfeger angeheuert. Als gutes Omen. Um 8:27 morgens rief Peter Hunt «Action!» Für die Szene, in der Bond auf dem Heliport landet. 2015 ist 007 nun zurückgekehrt.

Hubert Fröhlich blieb nach den Dreharbeiten in Mürren wohnen. Obwohl er noch an weiteren Sensationsfilmen mit alpinem Hintergrund mitwirkte, wie «Agenten sterben einsam», starb der Mann, der das Schilthorn für den Film entdeckte, 2005 mittellos in Mürren. Er ist in Lauterbrunnen beerdigt. Fans pflegen sein Grab.

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