Ausschaffungs-Statistik13 von 16 Pädo-Tätern dürfen bleiben
Die Härtefallklausel sorgt dafür, dass auch bei sexuellen Handlungen mit Kindern, Vergewaltigung oder Raub viele Täter nicht ausgeschafft werden.
Erstmals hat der Bund Zahlen zur Umsetzung der Ausschaffungsinitiative publiziert. Die Statistik zeigt: 46 Prozent der Täter, die ausgeschafft werden könnten, dürfen in der Schweiz bleiben. Grund ist die sogenannte Härtefallklausel, laut der ein Gericht «ausnahmsweise» von einer Landesverweisung absehen kann. Je nach Aufenthaltsstatus, Tat, Strafe, Alter oder Kanton gibt es grosse Unterschiede beim Anteil der Landesverweise.
Wer als Ausländer wegen Drogenhandels verurteilt wurde, wird zu 78 Prozent ausgeschafft, der bandenmässige Diebstahl wird zu 73 Prozent mit einem Landesverweis bestraft. Täter, die sich der Schlepperei schuldig gemacht haben, müssen in 70 Prozent der Fälle gehen. Wer hingegen Sozialhilfebetrug begeht, darf bleiben. Von den 25 im letzten Jahr verurteilten Tätern muss niemand das Land verlassen. Auch der einfache Betrüger wird nur in 2 Prozent der Fälle ausgeschafft. Beim gewerbsmässigen Betrug sind es 5 Prozent.
Sogar schwere Straftaten enden oft nicht mit einem Landesverweis. Täter, die wegen sexueller Handlungen mit einem Kind verurteilt wurden, können in 13 von 16 Fällen bleiben. Auch bei den Vergewaltigungen müssen nur 2 von 5 Tätern das Land verlassen. Bei Raub werden mit 52 Prozent rund die Hälfte der Täter ausgeschafft, ebenso bei schwerer Körperverletzung (50%).
Grosse Differenzen gibt es auch zwischen den Ausländergruppen. So werden von den kriminellen Ausländern mit B- oder C-Ausweis nur 10 Prozent ausgeschafft. Bei den restlichen Ausländern, also zum Beispiel Asylbewerber oder Kriminaltouristen, sind es 71 Prozent. Ob ein Täter das Land verlassen muss oder nicht, hat auch mit dem Strafmass zu tun. Wer nur eine Geldstrafe bezahlen muss, darf in 97 Prozent der Fälle bleiben.
Wer ins Gefängnis muss, wird in 80 Prozent der Fälle ausgeschafft. Dabei liegt die Landesverweis-Quote bei Strafen bis sechs Monate bei 17 Prozent, darüber jeweils knapp unter 90 Prozent. Die Justiz folgt damit einer Empfehlung der Schweizerischen Staatsanwälte-Konferenz, die einen Härtefall dann gegeben sieht, wenn eine Person mit B- oder C-Ausweis zu weniger als sechs Monaten Haft verurteilt wird und keine Vorstrafen hat.
Bei den Kantonen mit mehr als 20 Urteilen sind die Ausschaffungsquoten in Neuenburg (11%), im Wallis (17%) und Freiburg (23%) am tiefsten. Besonders fleissig bei der Verteilung von Landesverweisen sind die Kantone Tessin, Basel-Stadt (je 72%) und Waadt (65%). Bei den Kantonen mit weniger als 20 Urteilen setzt sich Graubünden an die Spitze, von 5 Verurteilten erhielten alle einen Landesverweis. Im Kanton Obwalden hingegen muss von 8 Tätern kein einziger gehen.
Auch bei Alter und Geschlecht gibt es Unterschiede: Bei den männlichen Tätern unter 24 werden 63 Prozent ausgeschafft, bei den Senioren nur 22 Prozent. Insgesamt kassieren 57 Prozent der Männer einen Landesverweis, bei den Frauen sind es nur 36 Prozent. Die Urteile betreffen in 85 Prozent der Fälle Männer.
Die Zahlen betreffen nur Straftaten, die nach dem 1. Oktober 2016 begangen wurden. Zu diesem Zeitpunkt trat das Gesetz zur Ausschaffungsinitiative in Kraft.