130'000 Schweizer wollen das Grundeinkommen

Aktualisiert

Hürde genommen130'000 Schweizer wollen das Grundeinkommen

Die Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen hat die nötigen Unterschriften beisammen. Kritiker warnen: Die Idee dahinter macht die Gesellschaft dumm und faul.

S. Marty
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S. Marty

2500 Franken monatlich und dies egal ob mit Job oder ohne – dies will die Initiative «für ein bedingungsloses Grundeinkommen». Im April 2012 haben die Initianten mit der Unterschriftensammlung begonnen, nun haben sie die benötigten 100'000 Unterschriften zusammen – und sogar noch mehr: Aktuellster Stand sind rund 130'000 Unterschriften. Initiant und Ökonom Daniel Straub freut sich über diesen Erfolg: «Am Anfang hat man über uns gelacht und uns für verrückt erklärt, doch wir haben immer an unsere starke Idee geglaubt.» Nun habe man ein Etappenziel erreicht: «Das freut mich sehr», so Straub.

Das Grundeinkommen soll «der ganzen Bevölkerung ein menschenwürdiges Dasein und die Teilnahme am öffentlichen Leben ermöglichen», heisst es im Initiativtext. Es würde aus rund 2500 Franken pro erwachsener Person im Monat bestehen – für Kinder einen Viertel davon. Verdient also heute jemand 5000 Franken, würde er nach der Initiative 2500 Franken Grundeinkommen und 2500 Franken Lohn bekommen.

«Mit unserer Initiative wollen wir ein Umdenken in der viel zu profitorientierten Arbeitswelt bewirken», erklärt Straub sein Engagement. So könnten Personen künftig eher nach ihren Vorstellungen eine Arbeit suchen – egal wie hoch die Bezahlung ausfallen würde. Wie die Idee allerdings genau finanziert werden soll, ist noch offen – die Kosten werden auf etwa 200 Milliarden Franken jährlich geschätzt. Ein Teil davon soll via Konsumsteuer finanziert, ein anderer Teil bei den Sozialwerken gespart werden.

«Grosser Vorteil für Junge»

Unterstützung erhält die Idee von Syna-Vizepräsident Arno Kerst. «Die Rolle der Arbeitnehmer wird gestärkt, da sie mit weniger ökonomischem Druck eine Arbeitsstelle auswählen könnten», so der Gewerkschafter. Ausserdem wären Arbeitgeber gezwungen, schlecht bezahlte Arbeiten besser zu entlöhnen.

Den grössten Vorteil sieht Kerst allerdings für die Jungen: «Die Initiative ermöglicht beispielsweise einem Studienabgänger viel eher sich mit einer Idee selbstständig zu machen.» Mit dem Grundeinkommen hätten sie laut Kerst eine gewisse Absicherung, eine Art Kredit auf sicher.

Angst vor Hartz-Vier-Gesellschaft

Ganz anders sieht dies FDP-Nationalrat Ruedi Noser. Genau bei den Jungen berge ein Grundeinkommen grosse Gefahren: «Wie soll ich einem 15-Jährigen klar machen, dass eine Ausbildung wichtig ist, wenn er auch ohne Job schon 2500 Franken im Monat bekommt?» fragt sich der Vizepräsident der Wirtschaftskommission im Nationalrat. Für ihn ist die Idee deshalb völlig realitätsfremd: «Sie führt zu einer Verdummung und Verfaulung unserer Gesellschaft», so Noser weiter.

Auch Hansruedi Wandflluh, SVP-Nationalrat und Kommissionskamarad von Noser, befürchtet, dass die Initiative falsche Anreize vermittelt: «Sie verleitet dazu, dass die Leute gar nicht mehr arbeiten wollen.» Besonders Personen mit niedrigem Lohn würden dann einfach zu Hause bleiben: «Jemand der zuvor 3000 Franken verdient hat wird danach nicht für einen Lohn von 500 Franken im Monat schuften», ist Wandfluh überzeugt. So würden wir in eine «Hartz-Vier-Gesellschaft» schlittern, was massive Auswirkungen auf unserer Volkswirtschaft hätte.

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