Flüchtlinge sollen gratis verhüten dürfen

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Ungewollte SchwangerschaftenFlüchtlinge sollen gratis verhüten dürfen

Viele Asylbewerberinnen in der Schweiz werden ungewollt schwanger. Die Pille können sie sich nicht leisten. Nun wird die Politik aktiv.

R. Kayser/N.Glaus
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R. Kayser/N.Glaus
Viele Asylbewerberinnen hätten ein Bedürfnis nach einer hormonellen Verhütungsmethode, scheiterten dann aber an den Kosten: «Die Frauen können sich die Spirale oder die Pille schlicht nicht leisten und müssen darauf verzichten», dies sagt eine Gynäkologin aus dem Kanton Zürich, die namentlich nicht genannt werden möchte.
Die Stiftung «Sexuelle Gesundheit Schweiz» kennt das Problem. Wenn es nach ihr ginge, müssten die Verhütungsmittel von den Behörden finanziert werden. «Es muss dringend eine Lösung her. Es kann nicht sein, dass wir jeden einzelnen Fall individuell lösen müssen», so die Präsidentin Barbara Berger .
Laut der Nationalrätin Maja Ingold von der EVP liege es im  Interesse der Schweiz, dass die Frauen nicht mehr Kinder bekommen, als sie eigentlich möchten. Ingold prüft deshalb einen Vorstoss: «Es braucht eine schweizweite Spezialregelung, die diesen Frauen die hormonelle Verhütung ermöglicht.»
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Viele Asylbewerberinnen hätten ein Bedürfnis nach einer hormonellen Verhütungsmethode, scheiterten dann aber an den Kosten: «Die Frauen können sich die Spirale oder die Pille schlicht nicht leisten und müssen darauf verzichten», dies sagt eine Gynäkologin aus dem Kanton Zürich, die namentlich nicht genannt werden möchte.

Keystone/Gaetan Bally

Auf der Flucht, in einem fremden Land, ohne Perspektiven. Eine ungewollte Schwangerschaft verschärft die ohnehin schon ungewisse Lage von Asylbewerberinnen zusätzlich. In der Schweiz können sich aber viele Flüchtlinge keine Verhütungsmittel leisten.

Dies beobachtet eine Gynäkologin aus dem Kanton Zürich, die namentlich nicht genannt werden möchte. Viele Asylbewerberinnen hätten ein Bedürfnis nach einer Verhütungsmethode, scheiterten dann aber an den Kosten: «Die Frauen können sich die Spirale oder die Pille schlicht nicht leisten und müssen darauf verzichten.» Nicht selten kämen sie dann nach einigen Wochen wieder zu ihr zurück – schwanger. «Das ist ein grosses Problem.» Kondome sind für viele Flüchtlinge keine Option – je nach kulturellem Hintergrund sind sie verpönt.

Der Bund sieht jedoch keine Finanzierung von hormonellen Verhütungsmitteln für Asylbewerberinnen vor, da Verhütung nicht im Leistungskatalog der Krankenkasse aufgeführt ist. Auch in den Kantonen gibt es keine einheitliche Regelung. So werden beispielsweise im Kanton Aargau oder St. Gallen die Verhütungskosten für Asylbewerberinnen übernommen, während der Kanton Zürich keine solchen Unterstützungszahlungen kennt.

«Es muss dringend eine Lösung her»

Die Dachorganisation «Sexuelle Gesundheit Schweiz» kennt das Problem. Ihre Beratungsstellen verfügen über einen Notfonds für Asylbewerberinnen, die sich keine Verhütung leisten können. Laut der Geschäftsleiterin Barbara Berger wird diese Finanzierungshilfe extrem häufig eingefordert. «Die stetige Kostenreduktion im Asylwesen erhöht den Druck auf unsere Beratungsstellen enorm.» Wenn es nach ihr ginge, müssten die Verhütungsmittel von den Behörden finanziert werden. «Es muss dringend eine Lösung her. Es kann nicht sein, dass wir jeden einzelnen Fall individuell lösen müssen.»

Auch in der Politik wird diese Forderung nun laut. Laut EVP-Nationalrätin Maja Ingold liegt es im Interesse der Schweiz, dass die Frauen nicht mehr Kinder bekommen, als sie eigentlich möchten. Ingold prüft deshalb einen Vorstoss: «Es braucht eine schweizweite Spezialregelung, die diesen Frauen die hormonelle Verhütung ermöglicht.» Für den Zürcher SVP-Nationalrat Hans Fehr hingegen sind solche Forderungen eine «Pervertierung des Asylwesens». Dies habe nichts mehr mit dem Schutz von Menschen in Not zu tun, sondern sei eine «unnötig teure, luxuriöse Leistung».

90 Mio für Aufklärung und Verhütung

Die Schweiz setzt sich für die sexuelle und reproduktive Gesundheit in Entwicklungsländern ein. Ein wichtiger Bestandteil dieses Projekts ist die Familienplanung, in dessen Rahmen den Frauen auch Zugang zu verschiedenen Verhütungsmitteln ermöglicht wird. Die Frauen sollen zudem mehr über die Verhütung lernen und entscheiden können, mit welcher Methode sie verhüten möchten. Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit Deza sieht für das gesamte Projekt in diesem Jahr 90 Millionen Franken vor.

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