Roger Köppel«EU hat diesen Wink mit dem Big Ben gebraucht»
Er ist einer der flammendsten Brexit-Befürworter im deutschsprachigen Raum. Roger Köppel erhofft sich Grosses vom Out-Entscheid der Briten.

SVP-Nationalrat und «Weltwoche»-Verleger Roger Köppel weibelte unter anderem im deutschen Fernsehen für einen Brexit.
Keystone/Lukas LehmannHerr Köppel, was sagen Sie als einer der prominentesten Schweizer EU-Gegner zum Entscheid der Briten?
Ich bin überrascht und sehr beeindruckt. Es ist eine Sternstunde der Demokratie und der Freiheit. Die Briten haben sich für Selbstbestimmung entschieden und sich nicht einschüchtern lassen von den Drohszenarien.
Glauben Sie wirklich, dass in Grossbritannien nun alles besser wird, wie Sie es in einem Propaganda-Film der Brexit-Befürworter in Aussicht gestellt haben?
Ich bin optimistisch. Die Briten haben die Chance, ihren eigenen Weg zu gehen, ohne dass sie von Brüssel behindert werden. Vielleicht rumpelt es am Anfang etwas, aber das nehmen die Briten für die Freiheit in Kauf.
Was versprechen Sie sich konkret? Glauben Sie, dass nun die Löhne steigen und die Wirtschaft wächst?
Bei diesem Entscheid ging es um mehr als kurzfristige wirtschaftliche Interessen. Die Briten haben sich für die Freiheit entschieden und gegen die Fehlkonstruktion EU.
Wir Schweizer sind nun plötzlich kein Sonderfall mehr in Europa. Bedauern Sie das auch ein wenig?
Gar nicht. Die Schweizer und die Engländer sind Insulaner. Sie sind eine Insel im Meer, wir in Europa. Wir haben die Stellung jahrelang gehalten, und nun hatte Grossbritannien sogar die Kraft, auszutreten. Ich bin überzeugt, die EU brauchte diesen Chlapf, diesen Wink mit dem Big Ben. Es sind nicht mehr nur die sogenannt kleinen Schweizer, die der Meinung sind, dass die EU in die falsche Richtung läuft.
Die Verhandlungen über die Umsetzung der Zuwanderungsinitiative sind durch den Entscheid blockiert. Ist das in Ihrem Sinn?
Die EU will nicht verhandeln, also müssen wir den Volksentscheid einseitig umsetzen. Wichtiger noch: Der Bundesrat muss sofort aufhören, mit der EU über eine institutionelle Anbindung der Schweiz an die EU zu verhandeln. Das von der EU geforderte Rahmenabkommen macht uns zu einer Kolonie von Brüssel. Weg damit.
Ihr «Weltwoche»-Mitarbeiter und ehemaliger Parteistratege Christoph Mörgeli schreibt auf Twitter, er wähne sich im Jahr 1940: Nur noch Grossbritannien und die Schweiz hielten die Unabhängigkeit hoch. Was halten Sie von der Aussage?
Mörgeli hat Recht: Auch damals hatten in Europa nur die Schweizer und die Briten die Kraft, gegen den undemokratischen Zeitgeist an ihrer Demokratie, Freiheit und Selbstbestimmung festzuhalten. Heute leisten wir wieder gemeinsam Widerstand gegen die undemokratische Fehlkonstruktion EU. Wir sind die Alliierten der Freiheit.
Vergleichen Sie die EU mit Nazi-Deutschland?
Ich vergleiche historische Zusammenhänge, ohne sie gleichzusetzen. Keine Frage: Die EU ist auf dem Weg zur Diktatur. Sie setzt sich über Verfassungen und Gesetze hinweg, demokratische Grundrechte werden mit Füssen getreten. Frau Merkel hat die Tore für eine Massenmigration geöffnet, ohne die Deutschen zu fragen. Diese EU als Instrument zur Aushebelung der Demokratie hat keine Zukunft.
Wie soll ein gespaltenes Europa Ihrer Meinung nach auf Herausforderungen wie die Flüchtlingskrise reagieren?
Es ist eine heilsame Spaltung. Und Staaten können doch zusammenarbeiten, ohne sich gleich zu verheiraten. Wenn es globale Herausforderungen gibt, die man gemeinsam bekämpfen will, soll man sich verbünden, ohne sich dabei aufzugeben. Ich hoffe, die EU geht jetzt dank den Briten über die Bücher. Wenn sich die Eurokraten jetzt aber in ihre Fehlkonstruktion verkrallen, werden auch andere Länder austreten.
Könnte sich die EU auf eine Art und Weise reformieren, dass sogar ein Roger Köppel einem Beitritt zustimmen würde?
Aber sicher! Wenn die EU zu einer Freihandelszone ohne den politischen Überbau würde, zu einem Europa der Vaterländer mit freier Wirtschaft und souveränen Staaten, wäre die Schweiz ein natürliches Mitglied.