«Schwule sollen genauso Kinder kriegen dürfen»

Aktualisiert

Regenbogenfamilien«Schwule sollen genauso Kinder kriegen dürfen»

Kinder haben immer häufiger zwei Väter. Schwule würden sich ihren Kinderwunsch vermehrt eingestehen und ihn verwirklichen, heisst es beim Dachverband Regenbogenfamilien.

von
Marco Lüssi

Das in den USA lebende Schweizer Schwulenpaar Felix und Pascal Wolf hat drei Kinder – eine Leihmutter hat sie zur Welt gebracht. Als die Wolfs von der Schweiz nach New York zogen, lernten sie viele homosexuelle Paare mit Kindern kennen und entdeckten, dass dies möglich ist. Gegenüber SRF sagen sie: «Wir mussten in die USA kommen, um zu sehen, dass Schwule das Recht haben, eine Familie zu gründen.»

Felix und Pascal Wolf sind ein Spezialfall: Die Möglichkeit, ihr Kind von einer Leihmutter austragen zu lassen, haben in der Schweiz lebende Schwule nicht. In der Schweiz und in 15 der 27 Mitgliedstaaten der EU ist Leihmutterschaft verboten. Trotzdem ist dieser Weg, zu einem Kind zu kommen, auch hier ein Thema: Eine Zürcher Anwältin, die homosexuelle Paare berät, bestätigt 20 Minuten, sie habe von Schwulen schon Anfragen wegen Leihmutterschaft gehabt.

Schwule stehen vermehrt zu ihrem Kinderwunsch

Maria von Känel, Geschäftsführerin des Schweizer Dachverbands Regenbogenfamilien, sagt: «Die Schwulen haben sich emanzipiert – sie wagen es heute, sich ihren Kinderwunsch einzugestehen und ihn auch umzusetzen.» Und auch Transmenschen würden sich heute vermehrt mit dem Thema Familiengründung befassen. Über die Zahl der Schweizer Kinder, die in einer Familie mit zwei Vätern oder zwei Müttern leben, gibt es nur vage Schätzungen: Die Rede ist von 6000 bis 30'000.

Noch vor wenigen Jahren stammte die Mehrheit der Kinder der Mitglieder des Verbands aus früheren heterosexuellen Beziehungen von homosexuellen Paaren. Dies hat sich laut von Känel geändert: «Bei uns melden sich nun vermehrt Leute, die sich erst im Rahmen ihrer gleichgeschlechtlichen Beziehung entschieden haben, Kinder zu bekommen.»

Dafür wählen schwule Paare laut von Känel unterschiedliche Modelle. Die einen würden sich mit einem lesbischen Paar zusammentun und so zu viert Eltern werden. Andere würden sich mit einer alleinstehenden Frau darauf einigen, den Kinderwunsch gemeinsam umzusetzen. Wieder andere würden einem Pflegekind ein Zuhause bieten. Dies ist – im Gegensatz zur Adoption eines Kindes – für homosexuelle Paare bereits heute möglich.

Eltern von Schwulen können heute Grosseltern werden

Ein schwerwiegendes Problem besteht angesichts der rechtlichen Situation in der Schweiz: Offiziell kann ein Kind nur eine Mutter und einen Vater haben. Bei der Gay-Organisation Pink Cross sieht man Handlungsbedarf. Sprecher Mehdi Künzle: «Wir stehen für eine Gleichstellung von Homosexuellen gegenüber Heterosexuellen ein – auch wenn es um das Thema Familie geht.» Schwule hätten genauso das Recht, ihren Kinderwunsch zu erfüllen wie alle anderen.

Von Känel ist davon überzeugt, dass es der Gesellschaft nützt, wenn es mehr Regenbogenfamilien gibt. So würden auch die Eltern von Homosexuellen profitieren: «Früher mussten sie davon ausgehen, dass sie keine Enkel bekommen werden, wenn ihr Sohn schwul ist. Dies ist heute anders.»

Sind Sie ein schwules Paar und haben gemeinsame Kinder? Wie haben Sie Ihren Kinderwunsch umgesetzt? Berichten Sie darüber per Mail an feedback@20minuten.ch und geben Sie auch Ihre Telefonnummer an.

«Wenn Schwule Kinder kriegen»

Die Journalistinnen Corinne und Yvonne Eisenring haben für die Dok-Sendung «Reporter» die Familie Wolf in New York porträtiert und die Leihmutter und die Eizellenspenderin besucht. Der Film «Wenn Schwule Kinder kriegen» wird am Sonntag, 30. März 2014 um 21.40 Uhr auf SRF 1 gezeigt.

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