Unwetter in der Schweiz«Dreckiges Wasser kam den Hang herunter»
Schwere Unwetter ziehen über die Schweiz. Bereits ist es zu lokalen Überschwemmungen gekommen. Die Wetterlage bleibt angespannt.
Der Juni ist in Sachen Wetter bisher ein enttäuschender Monat. Auch am Mittwoch bleibt es feucht. Die Meteorologen erwarten weitere Schauer und Gewitter – auch am Mittwochabend. «Lokal kräftige Platzregen, Hagel und Sturmböen», sagt Werner Verant von der Meteocentrale auf Anfrage. «In Gewitternähe sind 20 bis 60 Liter pro Quadratmeter innert einer Stunde möglich.» Betroffen sei am Abend vor allem die Zentral- und Ostschweiz.
Am Donnerstag gibt es dann entlang der Voralpen und im Nordosten noch starke Schauer. Verant: «Am Nachmittag wird es aber ruhiger.»
Unwetter der Stufe Rot
Am Mittwochmittag warnte die Meteocentrale sogar vor einem Unwetter der Stufe Rot. Der Schwerpunkt befand sich im Bereich Widen. Auch Meteonews schreibt auf der Facebook- Seite, dass es im Raum Wohlen-Lenzburg-Othmarsingen-Möriken/Wildegg-Schinznach seit dem Morgen bis am frühen Abend örtlich über 100 Liter geregnet habe. Die Folgen: überschwemmte Strassen, überflutete Keller, auch Gärten und Parkplätze waren voll Wasser.
Am frühen Abend zog dann eine neue Gewitterfront von der Region Basel-Solothurn in den Kanton Aargau, die Zentralschweiz und die Region Zürich. «Da wird stellenweise in kurzer Zeit wieder viel Regen fallen», heisst es auf der Meteonews-Facebook-Seite. «Das dürfte die Situation vor allem in den bereits überfluteten Gebieten im Kanton Aargau nochmals verschärfen.»
Autobahnkreuz voller Wasser
So wurde auch das Autobahnkreuz Augst kurz vor der Verzweigung Zürich-Bern stark vom Unwetter getroffen:« Wir waren in Richtung Frick unterwegs und es staute», erzählt ein Leser-Reporter. Nichtsahnend seien sie wie die anderen im Schritttempo auf der Autobahn weitergefahren. «Plötzlich kam auf der rechten Seite dreckiges Wasser den Hang herunter.»
Heftige Gewitter und starke Niederschläge im Kanton Basel-Landschaft bescherten wie schon am Vortag mehreren Feuerwehren sowie der Polizei Basel-Landschaft ein gehöriges Mass an Mehrarbeit, wie die Kantonspolizei schreibt. Von 14.48 Uhr bis 16.30 Uhr gingen in der Einsatzleitzentrale gegen 100 Notrufe aus 24 Gemeinden ein, was in diesen Gemeinden entsprechende Feuerwehraufgebote auslöste.
Innerhalb einer Stunde stieg Sihl an
Auch in der Region Zürich regnete es über Mittag so stark, dass der Wasserpegel der Sihl bereits nach kurzer Zeit anstieg. Leser-Reporterin Alexandra K.* war in Hütten ZH unterwegs und ging hinunter zur Sihl, um zu joggen. Innerhalb einer Stunde merkte sie, wie der Wassserspiegel ansteigt: «Auf dem Hinweg war alles noch normal, als ich dann aber auf dem Rückweg war, dachte ich nur: Boah, ist das aber viel Wasser!», erzählt K.*
In der Region Zürich regnete es so stark, dass auch das Bundesamt für Umwelt (Bafu) vor den Wassermassen warnte. So hiess es, dass man sich nicht in der Nähe der Sihl aufhalten soll.
Vor Wassermassen gewarnt
Laut Wolfgang Bollack von der Baudirektion Kanton Zürich sollte man sich bei starkem Regen oder wenn das Wasser sichtbar anschwillt, sowieso nicht in der Nähe von Bächen und Flüssen aufhalten. «Manchmal kann es schnell gehen, besonders auch in der Sihl», erklärt Bollack. Entlang der Sihl sei die Situation im Moment aber nicht besonders gefährlich. «Der Pegel wird zwar steigen, zu Überschwemmungen kommt es aber nicht», so Bollack. «Die Grasränder entlang der Sihl werden aber voraussichtlich überflutet werden, wenn es in den nächsten Stunden und Tagen so weitergeht.» Bisher musste kein Wasser vorsorglich aus dem Sihlsee abgelassen werden, um Rückhaltevolumen für kommende Regenfälle zu schaffen.
Auf die Frage, wie früh im Voraus der Kanton auf ein mögliches Sihl-Hochwasser reagieren kann, antwortet Bollack: «Frühestens vier Tage im Voraus sind die Prognosen genug verlässlich, um vorsorglich Wasser aus dem Sihlsee abzulassen.»
Andere Regionen ebenfalls betroffen
Auch andere Regionen sind von den Unwettern betroffen. So wurde der Sportplatz eines Schulhauses in Othmarsingen AG überschwemmt. Schulleiter Paul Fischer sagt zu den Bildern: «Es ist wirklich so, wie es aussieht. Der Rasen wurde diesen Frühling nach einem Umbau im letzten Jahr frisch angesät. Das ist sehr schade.»
Das Schulhaus sei ansonsten intakt. Lediglich ein Keller sei vollgelaufen. Immerhin: Am Mittwochnachmittag haben die meisten Schüler frei. Ob der Unterricht am Donnerstag normal stattfindet, ist noch nicht sicher: «Das werden wir noch entscheiden», sagt Fischer.
Wie Polizeisprecher Bernhard Graser am Mittwoch auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda sagte, stehen in den Gemeinden Othmarsingen und Dottikon die Feuerwehren im Einsatz. Mehrere Keller müssten leer gepumpt werden.
Autobahnzufahrt gesperrt
Nach dem heftigen Gewitter über die Mittagszeit musste die A1-Autobahnzufahrt in Lenzburg AG gesperrt werden. Gemäss der Kantonspolizei Aargau musste der Unterhaltsdienst aufgeboten werden. So sah es am Mittwoch in Lenzburg aus:
In Mägenwil AG wurden ebenfalls die Strassen teilweise überschwemmt. So auch die Hauptstrasse von Wohlen nach Muri. Auch in Staufen AG regnete es heftig:
Arbeiten bei Regen
Trotz dem Unwetter müssen einige Leute draussen arbeiten. So zwei Müllmänner aus Zürich. Doch sie liessen sich nicht die Laune vom schlechten Wetter vermiesen, sondern wurden erfinderisch. Sie bauten sich Schirmhüte, «weil sie einfach praktisch sind», sagt Sean Lackner (28) einer der beiden Müllmänner. «Bei Regen trage ich ihn hin und wieder.» Lackner gibt zu, dass es bei solchem Wetter entsprechend mühsam zum Arbeiten ist. «Aber Spass macht es trotzdem immer noch.» Mittlerweile haben die beiden ihre Tour beendet.
Sind Sie dem Unwetter schutzlos ausgeliefert oder dürfen Sie im Trockenen arbeiten? Oder haben Sie etwas Interessantes gesehen? Schicken Sie uns Videos und Bilder vom heutigen Wetter!
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Stromunterbrüche und Blitzschäden
Bereits am Dienstag hat es in der Schweiz teilweise heftig geregnet: Vor allem im Jura und im Baselbiet kam es zu Stromunterbrüchen, überschwemmten Kellern, Blitzschäden und Verkehrsbehinderungen.
In Laufen BL ist es zu lokalen Überschwemmungen gekommen:
Auch in Winterthur hats gehagelt, für die Region hat der Wetterdienst Meteocentrale eine Warnung vor starkem Unwetter vermeldet:
In Steffisburg BE hat ein Leser-Reporter die bedrohliche Flutwelle der Zulg gefilmt:
Tunnel im Jura überschwemmt
Auch im Kanton Jura wurde durch die heftigen Regenfälle und Hagel ein Tunnel überschwemmt. Dadurch musste die Autobahn A16 zwischen Bure JU und Boncourt während zwei Stunden gesperrt werden. In Buix JU füllte der Regen nach Angaben der Kantonspolizei die Keller in rund zehn Häusern.
Am meisten Regen fiel mit 29 Litern in La Chaux-de-Fonds NE, aber auch in Solothurn wurde mit 26 Litern sehr viel Niederschlag gemessen. Kräftige Gewitter gab es nach Angaben von Meteonews daneben auch im Emmental, im Freiburgerland sowie im Berner und Zürcher Oberland.
Gleichzeitig wurden in einigen Gebieten sommerliche Temperaturen gemessen: Am wärmsten wurde es mit 29,5 Grad in Sitten, aber auch in Unterterzen SG gab es 29, 1 Grad und in Pratteln BL und am Flughafen Lugan-Agno TI immerhin noch 28 Grad.