Bald auch in der Schweiz?Neuer Radar blitzt Rollstopp-Sünder
Als erste französische Gemeinde hat Yerres an Stoppstrassen einen Radar aufgestellt. Rollstopps können so gebüsst werden. Die Schweizer Polizeien beobachten die Entwicklung.

Mit dieser neuen Radaranlage in Frankreich wird neuerdings auch ein Rollstopp geblitzt.
Kein Anbieter/France2Die Einwohner der Gemeinde Yerres, rund 20 Kilometer von Paris entfernt, können an Stoppstrassen neuerdings nicht mehr schummeln. Sie werden nämlich von Blechpolizisten kontrolliert. Die Gemeinde hat als erster Ort in Frankreich den Stopp-Radar eingeführt. Der soll dafür sorgen, dass Autofahrer an einer Stoppstrasse auch richtig halten.
In einer Testphase registrierte das Gerät 500 Verstösse in einem halben Tag, schreibt «Le Matin». Auch nachdem der Radar offiziell in Betrieb genommen worden war und so durch französische Medien bekannt wurde, werden immer wieder Verkehrssünder erwischt.
Schweiz bräuchte genauere Modelle
Müssen nun auch Schweizer damit rechnen, bald an Stoppstrassen von Blechpolizisten kontrolliert zu werden? Auf Anfrage der Zeitung heisst es bei der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU), dass man solche Geräte in einem ersten Schritt auf die Verlässlichkeit prüfen müsse. Es müsse klar sein, wie oft die Anlage blitzt, wenn kein Verstoss vorliegt und umgekehrt. Diese Aufgabe fällt dem Schweizerischen Institut für Metrologie (Metas) zu. Dort hat man jedoch noch keine Kenntnisse von den Stopp-Radaren.
Das Unternehmen AFS2R, das die Geräte vertreibt, arbeitet auch mit den Polizeien in Genf und dem Waadtland zusammen. Stopp-Radare haben diese jedoch bisher noch keine bestellt. Jean-Christophe Sauterel, Leiter Kommunikation der Kantonspolizei Waadt, erklärt der Zeitung, warum man nicht einfach die Geräte aus Frankreich in der Schweiz einsetzen kann: «In Frankreich reicht es, das erfasste Kennzeichen lesen zu können, da der Besitzer des Fahrzeugs verantwortlich ist. In der Schweiz müssen wir in jedem Fall den Lenker identifizieren können.» Deshalb bräuchte man genauere Modelle.
«Macht bei Unfallschwerpunkten Sinn»
Für die Zürcher Kantonspolizei ist der Stopp-Radar jedenfalls noch kein Thema, wie es auf Anfrage von 20 Minuten heisst. Würde eine Polizeipatrouille eine Missachtung beobachten, werde der Lenker angehalten. Auch bei einem Unfall an einer Stoppstrasse würden die Beamten eruieren, ob ein Verstoss vorliege. Die Radaranlagen, die derzeit in Betrieb sind, messen lediglich die Geschwindigkeit. Da jedes Foto angeschaut werde, könnten jedoch weitere Verstösse wie beispielsweise Abbiegen bei Rot oder Telefonieren am Steuer hinzukommen.
In St. Gallen ist der Stopp-Radar ebenfalls noch nicht geplant. «Neue Technologien schauen wir aber immer an», sagt Hanspeter Krüsi, Sprecher der Kantonspolizei St. Gallen. Das Missachten des Stoppschildes sei ein marginales Problem. Krüsi betont aber: «Wenn ein solcher Stopp-Radar an einem Unfallschwerpunkt aufgestellt wird, macht das durchaus Sinn.»
227 Rollstopp-Sünder in einem Jahr
Auch in Basel und Bern sind die neuen Anlagen bisher noch nicht diskutiert worden. In beiden Kantonen werden derzeit Rotlicht- und Geschwindigkeitsverstösse mit Radaranlagen erfasst, Stopp-Sünder jedoch nicht. Trotzdem werden einige von Beamten erwischt, im Kanton Basel-Stadt waren es 2015 insgesamt 227 Ordnungsbussen wegen Nichtvollständigem Anhalten bei Stopp-Signalen (Rollstopp), die ausgestellt wurden, erklärt Andreas Knuchel, Sprecher des Justiz- und Sicherheitsdepartements des Kantons Basel-Stadt. Verzeigungen sind nicht inbegriffen.
Trotzdem sind die Stopp-Radars in Basel und Bern noch kein Thema. Da sich die Technologien immer weiter entwicklen, könne man jedoch nicht ausschliessen, dass die Stopp-Radare möglicherweise irgendwann einmal auch in der Schweiz Verkehrssünder blitzen.
Schweizer zahlen für Verstoss wenig
In der Schweiz ist das Missachten des Stoppschildes im Europavergleich relativ günstig, für einen Rollstopp muss ein Autolenker 60 Franken hinblättern. In Frankreich kostet das Überfahren eines Stopps 135 Euro Busse und mindestens vier Punkte (von 12) für den Fahrer. In Deutschland bedeutet das Überfahren eines Stopps 70 Euro Busse und einen Punkt, wenn andere Verkehrsteilnehmer gefährdet werden. In Italien kostet das Missachten des Stoppschildes gemäss Focus 138 bis 550 Euro. Und in Österreich zahlt man gemäss den Angaben des Bundesministeriums für Verkehr, Inovation und Technologie für das Überfahren einer Stopptafel zwischen 72 bis 2180 Euro.
Die Superradars
In der Schweiz gibt es schon länger sogenannte Superradars. Sie zeichnen längst nicht mehr nur die Geschwindigkeit auf. 2010 wurden sie erstmals von den Kantonen bestellt. Die Geräte sind in der Lag 20 Autos auf vier Fahrstreifen gleichzeitig kontrollieren zu können. Eine Weiterentwicklung kommt zudem noch mehr Verkehrssündern auf die Schliche. Diese Geräte können zu nahes Auffahren, das Überfahren einer Sicherheitslinie oder das Befahren einer Einbahnstrasse von der falschen Seite aus erkennen.