JSVP gegen ausländische Namen in Schulbüchern

Aktualisiert

«Multikulti-Gehirnwäsche»JSVP gegen ausländische Namen in Schulbüchern

Die Junge SVP stört es, dass in Beispielsätzen im «Schweizer Zahlenbuch» ausländische Namen vorkommen. Andere sehen das als wichtig für die Integration.

Ph. Flück
von
Ph. Flück
Das «Schweizer Zahlenbuch 4» wird vom Klett und Balmer Verlag herausgegeben. (BIld: Klett und Balmer Verlag)
Arbresha und Albana stellen mathematische Fragen. (BIld: Klett und Balmer Verlag)
Das Lehrmittel soll alle Kinder ansprechen... (BIld: Klett und Balmer Verlag)
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Das «Schweizer Zahlenbuch 4» wird vom Klett und Balmer Verlag herausgegeben. (BIld: Klett und Balmer Verlag)

«Shkodrans Schulweg beträgt 2144 Meter. Wie weit muss er gehen, wenn er zur Schule läuft und beim Nach-Hause-Gehen auf halber Strecke einen Zwischenhalt bei seiner Klassenkameradin Besarta macht?» An solchen und ähnlichen Mathematik-Aufgaben aus dem «Schweizer Zahlenbuch 4» stört sich die JSVP. Dies nicht etwa, weil Shkodrans Schulweg wahnsinnig lang ist, sondern aufgrund der ausländischen Namen der Protagonisten der Textaufgabe.

Die Aufmerksamkeit der JSVP wurde von einer Mutter geweckt, die es für erschreckend hielt, dass im Mathe-Buch ihrer Tochter ausländische Namen als Beispiele benutzt werden. «Da muss der Autor doch ziemlich links eingestellt sein, wenn solche Namen gewählt werden», glaubt die Mutter. Deshalb meldete sie es der JSVP über deren Plattform Freie-schule.ch.

Multikulti-Gehirnwäsche

Beim Präsidenten der JSVP Anian Liebrand rannte die besorgte Mutter offene Türen ein: « Heute heissen die Beispielpersonen in Lehrbüchern nicht mehr «Hans» oder «Fritz», sondern «Mustafa». Liebrand: «Es ist schlimm, wenn die Kinder durch Schulbücher einer Multikulti-Gehirnwäsche ausgesetzt werden.» Zwar gebe es Klassen, in denen ausländische Schüler in der Mehrheit seien. Wenn man allerdings das ganze Land betrachte, so seien die Schweizer klar in der Überzahl. «Dies muss man in Schulbüchern entsprechend darstellen.» Ansonsten würde man die Realität verzerren. Was mit den Zahlenbüchern geschehen soll, lässt Liebrand offen: «Das muss die Bevölkerung entscheiden.»

Mustafa gehört auch ins Mathe-Buch

Der Präsident der Bildungskommission Matthias Aebischer (SP) ist verärgert: «Es überrascht nicht, dass eine Partei, die am liebsten alle Ausländer aus dem Land weisen will, diese auch aus den Lehrmitteln verbannen möchte.» Vor 50 Jahren habe es der Realität entsprochen, wenn die Kinder in Lehrbüchern «Hans» oder «Fritz» geheissen hätten. Heute hingegen müsse man auch «Mustafa» oder eben «Shkodran» darstellen.

Aebischer ist sich sicher, dass diese grosse kulturelle Vielfalt in Schweizer Schulklassen eine grosse Bereicherung für die Schulkinder im Alltag sei. Als Beispiel nennt er das Schulfest seiner Kinder: «Neben Bratwurst und Cervelat esse ich dort auch gerne türkische und tamilische Gerichte.» Es sei eben wichtig, von allen Kulturen das Gute mitzunehmen.

Schule kümmert sich um multikulturelle Realität

Der Präsident der Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz (D-EDK), Regierungsrat Christian Amsler, hält die Theorie einer Gehirnwäsche durch den Einsatz ausländischer Namen für völlig übertrieben. «Wir haben einfach eine Schule, die sich um die multikulturelle Realität kümmert und die Chancen der Vielfalt nutzt.» Die Realität sei, dass wir in einer multikulturellen Welt lebten. Deshalb sei es aus seiner Sicht völlig unproblematisch, wenn ausländische Namen in Lehrmitteln abgedruckt würden.

Franziska Peterhans, Zentralsekretärin des Dachverbands für Lehrerinnen und Lehrer, findet es wichtig, dass auch ausländische Namen in Lehrbüchern abgedruckt würden. «Das Ziel solcher Bücher ist, dass sich die Kinder darin wiederfinden können.»

Schülerzahl auf Rekordtief

Herausgeber des «Schweizer Zahlenbuchs 4» ist der Verlag Klett und Balmer. Das Lehrmittel sei in enger Zusammenarbeit mit Lehrpersonen entstanden, sagt Sprecher Antonio Russo. Diese hätten das Buch in fast allen Deutschschweizer Kantonen systematisch evaluiert. Die Namen stammen von Kindern aus den Erprobungsklassen. «Es entspricht der Realität, dass an Schweizer Schulen die Klassen kulturell gemischt sind. Dem tragen wir Rechnung. Lehrmittel sollen alle Kinder ansprechen.»

Tatsächlich sind rund ein Viertel der 425'000 Primarschüler in der Schweiz Ausländer. Die Anzahl ausländischer Schüler betrug in den letzten Jahren konstant um die 100'000, während die Zahl der Schweizer Schulkinder in den letzten 15 Jahren von 375'000 auf 325'000 deutlich gesunken ist. Die meisten ausländischen Schüler kommen aus Ex-Jugoslawien (24'000), Portugal (17'000) und Italien (11'000).

Die Zahl der Schulkinder ist in der Schweiz auf einem historischen Tiefstand. Noch nie gab es in der Schweiz, gemessen an der Gesamtbevölkerung, so wenig Schüler. Die Zahl der Schulkinder wird aber in den nächsten Jahren wieder steigen. Auf der Primarstufe wird die Schülerzahl gemäss aktuellen Prognosen bis 2021 um zehn Prozent ansteigen. Auf der Sekundarstufe wird ab 2017 mit steigenden Schülerzahlen gerechnet.

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