ZuwanderungDeutsche feiern Köppel – jetzt legt Mörgeli nach
Roger Köppel spricht «den Deutschen aus der Seele». Heute Abend hat auch Christoph Mörgeli seinen TV-Auftritt. SVP-Gegner fürchten einen Imageschaden für die Schweiz.
«Weltwoche»-Chef Roger Köppel hatte am Montag zum wiederholten Mal einen grossen Auftritt am deutschen TV: In der ARD-Sendung «Hart aber fair» stritt er sich unter anderem mit SPD-Spitzenpolitiker Ralf Stegner («Die spinnen, die Schweizer») über die Zuwanderungsinitiative – und entschied das Duell aus der Sicht von Spiegel.de klar für sich.
In Deutschland gebe es schlicht keinen annähernd so eloquenten, eleganten, kampflustigen und konservativen Rhetor, schreibt das Onlineportal. Und bediente sich bei «Star Wars»: Köppel sei so etwas wie der Todesstern jeder Talkshow. «Wer ihm in die Quere kommt, den pulverisiert er mit seinem argumentativen Superlaser.»
Auch in der Kommentarspalte der Sendung «Hart aber fair» überwiegen die Sympathien für die Schweiz und ihr politisches System. «Roger Köppel spricht dem deutschen Volk aus der Seele», schreibt ein Zuschauer. Ein anderer meint: «Danke für diese Basisdemokratie, welche den Europawahnsinnigen zeigt, was die Bevölkerung denkt.»
«Die Völker machen nicht mehr mit»
Roger Köppel berichtet am Tag nach der Sendung denn auch, er habe so viele Reaktionen aus Deutschland bekommen wie noch nie – und praktisch alle seien positiv. Aus den Rückmeldungen spreche eine unglaubliche Bewunderung der Deutschen für die Schweiz, so Köppel: «Die Bürger verstehen, dass es bei dieser Abstimmung nicht um Fremdenfeindlichkeit ging, sondern um Selbstbestimmung.»
Der in Hamburg tätige Schweizer Ökonom Thomas Straubhaar schätzt, dass sich in deutschen Online-Foren 80 Prozent der Kommentatoren begeistert zur SVP-Initiative äussern. Deutsche Politiker und Medien hingegen hatten die Schweiz in den letzten Tagen teilweise massiv angegriffen. Den Grund dafür sieht der «Weltwoche»-Chef im Frust der Eliten, die genau merkten: «Ihre Völker machen nicht mehr mit.»
Giesst Mörgeli Öl ins Feuer?
Bereits am Mittwoch erhalten die deutschen TV-Konsumenten eine neue Gelegenheit, sich ein Bild über die Beweggründe der Schweizer Rechten zu machen: SVP-Hardliner Christoph Mörgeli ist – zusammen mit NZZ-Chefredaktor Markus Spillmann – zu Gast bei Talkmasterin Anne Will. Der Zürcher springt ein für Ständerat Thomas Minder, der wegen einer Kommissionssitzung passen muss. Er werde als Erklärer der Schweiz fungieren, sagt Mörgeli: «Ich kenne die Befindlichkeiten des Volkes und den Willen des Initiativkomitees.»
Die Verlierer vom Sonntag ärgern sich darüber, dass Leute wie Köppel und Mörgeli die Gelegenheit erhalten, als Vertreter der Schweiz deren Bild in Deutschland zu prägen. «Ich kann nur hoffen, dass Mörgeli nicht noch mehr Öl ins Feuer giesst», sagt CVP-Präsident Christophe Darbellay. SP-Fraktionschef Andy Tschümperlin fürchtet: «Unser Image als weltoffenes Land gerät durch die Auftritte dieser Herren in Gefahr.»
«Das ist nicht unsere Politik»
Eigentlich müsste die Schweiz Aussenminister Burkhalter schicken, findet Tschümperlin. Es sei eine Anmassung, wenn sich Mörgeli als Botschafter des Landes verkaufe. Denn der SVP-Mann vertrete keinesfalls die Mehrheit der Schweizer: «Unsere Politik lebt nicht vom dauernden Provozieren der Populisten, sondern von der Suche nach einem Konsens zum Wohle aller.»
Mörgeli nimmt die Kritik gelassen: «Eine Talksendung lebt halt nicht von der tschümperlinschen Langeweile.» Köppel und er seien sehr wohl Vertreter der offiziellen Schweiz – nämlich der Mehrheit, die für die Begrenzung der Zuwanderung gestimmt habe.
CDU-Mann äussert Verständnis
Der SVP-Nationalrat erwartet, dass er nicht nur auf Gegenliebe stossen wird. «Die Deutschen wissen, dass sich der Schweizer Volksentscheid teilweise auch gegen die deutsche Zuwanderung richtet – und fühlen sich deshalb ungeliebt.» Umgekehrt sähen sich aber auch viele Deutsche bestätigt: «Sie wollen wie wir auch selber über die Zuwanderung entscheiden können.»
Der deutsche EU-Abgeordnete Thomas Ulmer (CDU) glaubt nicht, dass Auftritte wie jene von Köppel und Mörgeli schlecht sind für das Schweizer Image. Die einfachen Leute in Deutschland verstünden den Schweizer Entscheid, weil sie auch um ihre Jobs fürchteten. «Viele Menschen haben eine Urangst vor dem Fremden. Wenn es uns nicht gelingt, sie auf die Reise mitzunehmen, dann drohen in Europa weitere solche Entscheide.»