Diplomatische KriseTraurige Weihnachten in Tripolis
Zwei Schweizer sitzen seit Monaten in der Schweizer Botschaft in Tripolis fest. Ein Ende ihres Hausarrests ist nicht abzusehen, die Verhandlungen mit Libyen sind schwierig.
Keine schöne Weisstanne, sondern höchstens eine kleine Palme werden die beiden Schweizer anschauen dürfen, die dieser Tage in der Schweizer Botschaft in der libyschen Hauptstadt Tripolis festsitzen. Seit fast einem halben Jahr stehen sie nun unter Hausarrest und dürfen keinen Schritt über das kleine Botschaftsgelände hinausgehen, ausreisen schon gar nicht. Einer der Festgehaltenen ist der Direktor einer ABB-Niederlassung, die Identität des anderen ist bisher nicht bekannt. Die Friburger Zeitung «La Liberté» mutmasste, es könnte sich um einen deutschschweizer Finanzmann handeln. Der ABB-Mitarbeiter, der mit seiner Frau in der Botschaft lebt, sei psychisch gesund, leide aber langsam unter dem Botschaftskoller, berichtete der Sonntagsblick vor einigen Tagen.
Zuerst Gefängnis, dann Hausarrest
Die beiden Männer sind Opfer der diplomatischen Krise zwischen Libyen und der Schweiz, welche mit der Verhaftung von Hannibal Gaddafi, dem Sohn von Libyens Diktator Muammar al-Gadaffi, ihren Lauf nahm. Hannibal gilt als der missratenste unter den mindestens sieben Söhnen. Als er im Juli in einem Genfer Hotel residierte, alarmierten Hotelangestellte die Polizei, weil sie mitbekamen, dass Hannibal und seine Freundin ihre Bediensteten körperlich misshandelten. Nach zwei Tagen kam Hannibal Gaddafi gegen eine Kaution von 20000 Franken wieder frei. Trotzdem fasste Vater Gaddafi die Aktion als Beleidigung auf und forderte die Schweiz auf, sich sofort zu entschuldigen. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, liess er eine Visasperre verhängen und sämtliche Niederlassungen von Schweizer Firmen schliessen. In der angespannten Stimmung liess Gaddafi auch die beiden verhafteten, angeblich, weil sie gegen Aufenthaltsbestimmungen verstiessen. Die beiden mussten erst einige Tage in einem libyschen Gefängnis ausharren, bevor sie unter Hausarrest in der kleinen Schweizer Botschaft gestellt wurden.
Verhandlungen schwierig
ABB-Sprecher Thomas Schmidt hoffte am Montag gegenüber «La Liberté», dass die beiden zum Weihnachtsfest freigelassen werden. Man müsse allerdings realistisch sein, sagte Schmidt weiter, seit einem halben Jahr habe sich nichts in der Sache bewegt. Auch in Tripolis tönt es nicht danach, als gönne man den Schweizern ein Weihnachtsgeschenk und lasse die Personen ausreisen. „Wenn sie das glauben, täuschen sie sich", sagte ein libyscher Anwalt gegenüber «La Liberté». In nächster Zeit sei kein Gerichtstermin anberaumt, an dem eine Freilassung verfügt werden könne. Die Schweizer Regierung habe aber eine Gelegenheit verpasst, die beiden nach Hause bringen zu können, meinte der Anwalt weiter. Man hätte anbieten können, die Klage gegen Gaddafis Sohn fallen zu lassen. Lybien hätte im Gegenzug die beiden ausreisen lassen.
Das Eidgenössische Amt für Auswärtiges und die Botschaft in Tripoli geben sich wortkarg. «Die Verhandlungen mit der lybischen Seite gestalten sich sehr schwierig, werden aber fortgesetzt», lässt ein EDA-Sprecher verlauten.