Rumänische HundeTierschützer wollen Massaker verhindern
Weil ein Vierjähriger in Rumänien von streundenden Hunden totgebissen wurde, fordert Rumäniens Präsident die Tötung von Strassenhunden. Schweizer Tierschützer kämpfen dagegen.
Die Tragödie erschüttert Rumänien: Der vierjährige Ionut wurde am 2. September von streundenden Hunden totgebissen, als er in einem Park in Bukarest spielte. Sein sechsjähriger Bruder kam mit einem Biss ins Bein davon. Als Reaktion auf den traurigen Vorfall forderte Rumäniens Präsident Traian Basescu das Parlament auf, möglichst rasch ein Gesetz zur Einschläferung streuender Hunde zu verabschieden. «Menschen sind wichtiger als Tiere», so Basescu. Am Montag hat das Parlament mit der Beratung begonnen. Allein in den ersten vier Monaten dieses Jahres wurden gemäss Angaben der Behörden in der rumänischen Hauptstadt 1100 Menschen von Hunden gebissen.
Tierschützer lancierten Petition an Rumäniens Behörden
Dass bald Zehntausende Strassenhunde in Rumänien sterben könnten, hat jedoch bei Tierschützern weltweit Empörung ausgelöst. Auch zahlreiche Schweizer Organisationen kämpfen gegen das drohende «Hunde-Massaker» – sie haben auf ihren Homepages Musterbriefe aufgeschaltet, die an die rumänischen Behörden geschickt werden sollen. Die Zürcher Tierschützerin Esther Geisser arbeitet mit ihrer Organisation Network for Animal Protection (Netap) unter anderem mit der rumänischen Tierschutzorganisation Free Amely zusammen. «Wir finanzieren dort die Kastrationen von Hunden, denn diese sind die Lösung», sagt sie. Dieses Engagement vor Ort werde man nun verstärken. Dass Rumänien ein Problem mit streunenden Hunden habe, liege vor allem daran, dass Private ihre Vierbeiner nicht kastrieren und den Nachwuchs häufig aussetzen würden.
Seit dem Tod des Buben herrsche in Rumänien eine «hundefeindliche Hysterie», so Geisser. «Das ist vergleichbar mit der Stimmung, die in der Schweiz herrschte, nachdem der sechsjährige Süleyman von Pitbulls totgebissen wurde.» Sie habe Berichte erhalten, dass Hunde seit dem tödlichen Vorfall in Rumänien gezielt vergiftet oder überfahren würden. Gelder, die der rumänische Staat zur Kastration und tiergerechten Unterbringung von Hunden budgetiert habe, würden häufig in den Taschen von Politikern und Behörden verschwinden. Die Zustände in rumänischen Tierheimen, die meist der örtlichen Müllabfuhr unterstellt sind, seien teilweise schockierend.
Tierschützerin per Mail übel beschimpft
Die Lösung des Problems der streunenden Hunde ist für Geisser die Einführung einer Kastrationspflicht für Hunde. «Ich hoffe, dass das rumänische Parlament sich dafür entscheidet und nicht für die Massentötung.» Massenkastrationen schlägt auch die Tierschutzorganisation Vier Pfoten vor.
Mit ihrem Engagement hat sich Geisser in Rumänien nicht nur Freude gemacht: «Ich habe E-Mails erhalten, in denen ich übel beschimpft wurde und in denen es hiess, ich solle mich nicht in rumänische Angelegenheiten einmischen», bestätigt sie einen Bericht von Tele Züri. Für Rumäniens Hunde setzt sich auch die Stiftung für Tierschutz von Susy Utzinger ein: «Tausende von Hunden wurden bereits durch unsere Stiftung kastriert, unzählige Gespräche und Verhandlungen mit rumänischen Behörden und Politikern geführt - und wir werden diese Projekte auch weiterhin mit voller Kraft verfolgen», sagt Utzinger, die ebenfalls dazu aufruft, bei den rumänischen Behörden schriftlich zu protestieren.
Nur kranke und aggressive Hunde dürfen derzeit getötet werden
Gemäss dem aktuellen Gesetz dürfen Hunde in Rumänien nur eingeschläfert werden, wenn sie krank oder aggressiv sind. Ein Gesetz, das die Einschläferung von Strassenhunden generell erlaubt hätte, hat das rumänische Verfassungsgericht 2012 gekippt. Die Tierschützer berufen sich mit ihrer Forderung, Massenkastrationen durchzuführen, auf eine Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation. Diese schlägt Kastrationen zwar vor – hält aber fest, dass es zudem geboten sei, die Bewegungsfreiheit dieser Tiere einzuschränken.