Amstutz sauer«Damit begeht die EU Vertragsbruch»
Die EU hat der Schweiz beschieden: Über die Personenfreizügigkeit wird nicht verhandelt. SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz will nun Widerstand leisten «wie einst Wilhelm Tell».

SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz verweist darauf, dass die Abkommen mit der EU Neuverhandlungen ausdrücklich vorsähen.
Beim Aussendepartement EDA ist der Brief aus Brüssel zwar offiziell noch nicht eingetroffen, aber Radio SRF weiss: Die EU zeigt keinerlei Bereitschaft, nach dem Ja der Schweiz zur Masseneinwanderungsinitiative über eine Aufweichung der Personenfreizügigkeit zu verhandeln. Für SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz ist das kein Grund zur Panik. Die Schweiz stehe erst am Anfang eines Verhandlungsprozesses: «Den gilt es zu bestehen, ohne bei jedem Brief aus Brüssel gleich die Nerven zu verlieren.»
Die SVP erwarte nach wie vor, dass die Masseneinwanderungsinitiative «gemäss dem Auftrag von Volk und Ständen» konsequent umgesetzt werde, betont der Berner Nationalrat. «Wir gehen davon aus, dass auch das entsprechende Versprechen von Frau Sommaruga noch gilt.»
Vertragsbruch der EU?
Zudem stehe im Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU, dass bei Schwierigkeiten Verhandlungen möglich seien, erklärt Amstutz. «Die EU begeht mit ihrer Verhandlungsverweigerung klar einen Vertragsbruch.» Dass sie entgegen klaren vertraglichen Voraussetzungen Verhandlungen verweigere, zeige die «Überheblichkeit» der EU und ihrer Funktionäre. Zudem werde deutlich, was die Schweiz bei der Übernahme von EU-Recht und der «Unterwerfung unter EU-Richter» zu erwarten hätte. «Schillers Gessler lässt grüssen - es gilt, Tell zu folgen und Widerstand zu leisten», so Amstutz.
FDP-Aussenpolitikerin Doris Fiala verweist darauf, dass sie im Abstimmungskampf immer wieder vor einer Absage aus Brüssel gewarnt habe. «Ich betrachtete das als eine nüchterne Auslegeordnung, doch wurde ich immer wieder fast verhöhnt: Viele Podiumsteilnehmer und Befürworter der Initiative sagten mir damals, ich solle doch dem Volk keine Angst machen.» Für Fiala ist klar: Die EU könne die Schweiz bei der Personenfreizügigkeit ja gar nicht besser behandeln als ihre Mitgliederstaaten. «Sonst würde sie Sonderwünschen der einzelnen Mitglieder Tür und Tor öffnen.»
«Alles hat seinen Preis»
Für Fiala führt kein Weg daran vorbei, die Initiative wortgetreu umzusetzen. «Wir müssen wohl schmerzlich lernen, dass alles seinen Preis hat - auch das Ja zu dieser Initiative.» Sie befürchtet, dass bei einer Aushöhlung der Initiative Protestvoten an der Urne noch zunehmen würden, weil das Volk das Vertrauen in die Politik verlieren würde. «Das wäre verheerend für die direkte Demokratie.»
Das bedeutet aber nicht, dass sie die bilateralen Verträge kampflos aufgeben will: «Wir sollten am Schluss der Verhandlungsprozesses je nach Verhandlungsergebnis nochmals darüber abstimmen, ob wir die Bilateralen wollen oder nicht - allein schon, weil ein gewichtiger Teil der Leute, die zur Initiative Ja sagten, nicht damit rechnete, dass die EU hart bleiben würde.»