BDP-Politiker will Handys in Badis einziehen

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Spanner-AlarmBDP-Politiker will Handys in Badis einziehen

Mit Handys können Spanner und Pädophile unauffällig Badegäste fotografieren. Das führt zunehmend zu Problemen.

Bettina Zanni
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Bettina Zanni
Kinder und Erwachsene geniessen das herrliche Sommerwetter im Schwimmbad Mythenquai, aufgenommen am Samstag, 6. Juni 2015, in Zürich. (KEYSTONE/Ennio Leanza)

Kinder und Erwachsene geniessen das herrliche Sommerwetter im Schwimmbad Mythenquai, aufgenommen am Samstag, 6. Juni 2015, in Zürich. (KEYSTONE/Ennio Leanza)

Ein Badegast eines Lausanner Schwimmbads verstand die Welt nicht mehr: Kaum hatte er die Kamera gezückt, um von seiner Tochter ein Foto zu schiessen, intervenierte der Bademeister. Er bat den verdutzten Vater, die Kamera wegzulegen. Fotografieren sei untersagt, erklärte er laut der Zeitung «24 heures». Tabu ist das Knipsen auch in immer mehr Deutschschweizer Schwimmbädern.

Laut Michel Kunz, Präsident des Schweizerischen Bademeister-Verbands, sollen so Pädophile und Voyeure ferngehalten werden.

Das Zeitalter von Smartphones stelle die Bademeister vor Herausforderungen: «Mit den Handys lassen sich unauffällig Fotos machen. Erwischt man in der Besuchermasse einen Täter, ist es ein glücklicher Zufall», sagt Kunz.

Kameraverbot im Wasser

Beispiele von Spanner-Fotografen gibt es genug. Es sei schon vorgekommen, dass Gäste Frauen beim Sonnenbaden im Marzili unbemerkt ins Visier genommen hätten, sagt Beat Wüthrich, Anlagechef der Freibäder Marzili und Lorraine. «Einmal kletterten Männer sogar auf Bäume, um in der Frauenbadi nebenan nackte Gäste zu knipsen.» Auch der Betriebsleiter des Zürcher Strandbads Tiefenbrunnen, Jürg Randegger, kennt Beispiele: «Touristen aus anderen Kulturkreisen fotografierten erwachsene Gäste unbemerkt.» In Zürich haben Kameras zum Schutz der Privatsphäre der Kunden seit 2003 in den Badis nichts verloren. Fotografieren ist bewilligungspflichtig.

Weniger strikt geht die Stadt Bern vor, wo das Verbot seit 2008 gilt. «Wenn ein Elternteil sein Kleinkind im Planschbecken fotografiert, ist das kein Problem», sagt Peter Streit, Direktionsjurist für Sport der Stadt Bern. Mache hingegen eine fremde Person ein Foto, handle es sich um einen direkten unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre. Im Berner Freibad Marzili zum Beispiel müssen die Schwimmer die Kameras an Land lassen. «So kann niemand unter Wasser intime Stellen anderer Schwimmer fotografieren», sagt Beat Wüthrich.

«Es reicht mit Gesetzen und Verboten»

BDP-Nationalrat Bernhard Guhl geht das zu wenig weit. Er würde es begrüssen, wenn die Badi-Betreiber sämtliche Handys am Eingang einziehen würden. «Nur ein striktes Handyverbot in der Hausordnung garantiert, dass Kinder und Frauen in der Badi vor Voyeuren sicher sind.» Ausserdem findet er: «Es täte den Leuten gut, das Telefon einmal beiseite zu legen.»

Die CVP vertrat 2014 in einem Positionspapier die Ansicht, dass Fotos von badenden oder nackten Kindern nicht auf Social-Media-Plattformen gehörten. Dennoch hat CVP-Nationalrat Martin Candinas für ein Handyverbot wenig übrig. «Es reicht mit Gesetzen und Verboten. Die absolute Sicherheit gibt es nicht», sagt er. Candinas appelliert an den gesunden Menschenverstand: «Man weiss ja selber, wo es einem in der Badi am wohlsten ist. Sonst kann man jederzeit den Platz wechseln.»

Auch Heinz Brunner, Leiter der städtischen Bäder St. Gallen, hält nichts von Guhls Vorschlag. In den St. Galler Badis gilt bis heute kein Kameraverbot. Ein solches lenke die Bademeister höchstens von ihrer eigentlichen Aufgabe ab, glaubt Brunner. «Am Ende kommt es noch so weit, dass ein Kind ertrinkt, während ein Bademeister einem unschuldigen Vater das Handy wegnimmt.» Solche Eingriffe in die Privasphäre halte er für unverhältnismässig und ohne ausdrückliche Rechtsgrundlage auch für unzulässig.

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