BedrohungsmanagementWer andern droht, kommt auf eine Liste
Immer mehr Kantone haben ein Bedrohungsmanagement. Potenziell gefährliche Personen betreuen sie eng, um eine Eskalation zu verhindern.
Bei vier Personen im Kanton Solothurn geht die Kantonspolizei von einer hohen Gewaltbereitschaft aus. Im Fall von 127 Personen bezeichnet sie die Gewaltbereitschaft als «weiterhin erhöht». Für 169 weitere konnte die Gefährdungslage niederschwellig entschärft werden. Die Zahlen stammen von der Liste der Fachstelle Kantonales Bedrohungsmanagement, wie die «Solothurner Zeitung» schreibt.
Auch der Kanton St. Gallen führt so eine Liste. Dort befinden sich 27 Personen im sogenannten Bedrohungsmanagement. Der Kanton arbeitet mit dem Ampelsystem grün, gelb und rot. In der Stufe rot werde derzeit keine Person geführt, sagt Hanspeter Krüsi von der St. Galler Kantonspolizei.
432 Meldungen aus dem Kanton Zürich
Schaffhausen hat auf seiner Liste 10 Personen, die als potenziell gefährliche Verfahrensbeteiligte erfasst werden. In Luzern befindet man sich noch in der Aufbauphase und hat bisher 30 bis 40 Fälle eröffnet - unabhängig vom Gefährdungspotenzial. Andere Kantone, etwa Bern, Glarus oder der Aargau, sind ebenfalls im Begriff, ein Bedrohungsmanagement einzuführen.
Der Kanton Zürich hat schon länger ein Bedrohungsmanagement, führt aber keine Liste. Im vergangenen Jahr gingen dort 432 entsprechende Meldungen ein. «Die Zahl der Meldungen sagt allerdings nichts über die Gewaltbereitschaft der Droher aus», sagt Marc Besson, Sprecher der Kantonspolizei. Die potenziellen Tätern fallen in verschiedensten Situationen auf. Die Kantonspolizei St. Gallen etwa teilt die Personen in die Bereiche Terror, Behörden, Schulamok, häusliche Gewalt und Gefängnis auf.
Analyse-Software und Fachstellen
Wer auffällt, wird genau überprüft. «Das Bedrohungsmanagement bestimmt einen Sachbearbeiter, welcher in der Regel zusätzliche Informationen sammelt und ermittelt», sagt Krüsi von der St. Galler Kantonspolizei. In allen Kantonen sucht man immer auch das direkte Gespräch mit den Drohenden. Krüsi: «Aus dieser Gefährderansprache erhoffen wir uns, den Puls der betreuten Person zu spüren und die Person allenfalls so zu beeinflussen, dass es nicht zu einer Eskalation kommt.»
Im Kanton Zürich ist das Bedrohungsmanagement so ausgelegt, dass «Situationen mit potenziell hoher Gewaltbereitschaft erkannt, eingeschätzt und entschärft werden». Zur Analyse werden unter anderem computerunterstützte Screening- und Prognoseinstrumente eingesetzt. Wichtig sei aber auch die Zusammenarbeit mit Fachstellen. «Der Dienst Gewaltschutz der Kantonspolizei Zürich spricht sich zum Beispiel mit der Fachstelle Forensic Assessment oder dem Fallmanagement der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich ab», sagt Sprecher Besson.
Krise ist oft der Auslöser
Alle Stellen raten bei Verdacht zur Meldung. Personen mit einem erhöhten Risikopotential befinden sich häufig in einer Krise. «Signale einer Krise lassen sich oftmals erkennen und müssen ernst genommen werden», sagt Kurt Graf von der Luzerner Kantonspolizei. Sobald eine Person direkt oder indirekt zu drohen beginne, solle umgehend Meldung gemacht werden.
Die Erfolge des Bedrohungsmanagements liessen sich kaum messen, heisst es aus allen Kantonen. «Wir sind aber überzeugt, mit diesem Vorgehen Erfolg zu haben», sagt Besson von der Zürcher Kantonspolizei.
Bedrohungsmanagement:
«Ziel ist es, schwere, zielgerichtete Gewalttaten zu verhindern», sagt Andreas Mock von der Solothurner Polizei. Solothurn und Zürich sind beim Bedrohungsmanagement Vorreiter. Beide haben schon 2012 damit begonnen, ein System einzuführen. Meist haben eigene Fälle wie etwa die Bluttat von Pfäffikon in Zürich oder Peter Hans Kneubühl in Bern dazu geführt, dass ein Bedrohungsmanagement aufgebaut wurde. Die Stelle ist in der Regel Ämter- und Institutionsübergreifend und betreut und überwacht nicht nur potenzielle Täter, sondern berät auch jene, die sich durch diese Leute bedroht fühlen.