HSG zeigt Schummler an200 Studenten schrieben ihre Arbeiten nicht selbst
Studierende lassen ihre Arbeiten immer öfter von Ghostwritern schreiben. Die Universität St. Gallen hat reagiert und eine Strafanzeige eingereicht.

Die Zahl der gekauften Arbeiten nimmt zu: Studenten in der Universität Zürich. (13. April 2015)
Keystone/Petra OroszWenn Studenten ihre Arbeiten abgeben, dann muss dies nicht bedeuten, dass sie sie auch selbst geschrieben haben. Wie die Sendung «Rundschau» des SRF berichtet, boomt das Geschäft von Ghostwritern. Nach Angaben des Senders haben im vergangenen Jahr mindestens 200 Studenten gekaufte Arbeiten an Schweizer Universitäten eingereicht.
Die Uni St. Gallen hat darauf bereits reagiert. Nach Angaben des Prorektors Lukas Gschwend sei eine Strafanzeige eingereicht worden. «Unsere Strafanzeige richtet sich nicht gegen eine spezielle Person, Ghostwriting ist ein Offizialdelikt», sagt Gschwend zur «Rundschau». Die Staatsanwaltschaft St. Gallen werde nun abklären, wer in welcher Form beteiligt ist.
Merkblätter ergänzt
Zudem würden die Studierenden darauf hingewiesen, dass Ghostwriting ein schwerwiegendes Vergehen ist, schreibt HSG-Sprecher Jürg Roggenbauch in einer Mitteilung. Dies könne sowohl disziplinarische wie auch strafrechtliche Folgen nach sich ziehen. Die entsprechenden Merkblätter für Studienarbeiten werden deshalb nochmals ergänzt.
«Es wurden in den vergangenen Jahren an der Universität St. Gallen keine Disziplinarverfahren wegen Ghostwritings eröffnet oder durchgeführt, da uns keine Fälle von eingereichten Ghostwriting-Arbeiten bekannt sind», schreibt Roggenbauch. Man nehme die Problematik allerdings sehr ernst. Da die HSG der Ansicht sei, dass bereits mit dem Arbeiten solcher Dokumente die Möglichkeit für das Begehen von Offizialdelikten bestehe, habe man eine Strafanzeige erstattet. Zum Verfahren selbst wollte sich die HSG nicht äussern.
Lohnendes Geschäft
Einer, der Arbeiten für Studenten schreibt, ist Thomas Nemet. Der Geschäftsführer der Acad-Write, der grössten Ghostwriting-Agentur im deutschsprachigen Raum, bestätigt die zunehmende Nachfrage. «200 Studierende aus der Schweiz liessen 2015 ihre Arbeit von uns schreiben.» Im vergangenen Jahr habe das Unternehmen drei Millionen Franken Umsatz gemacht. Mittlerweile sind 300 Ghostwriter für die Acad-Write im Einsatz und schreiben gegen Bezahlung wissenschaftliche Arbeiten.
Michelle Bergadaà, Genfer Uni-Professorin und Expertin für Plagiate, ist alarmiert. Sie schätzt, dass rund die Hälfte aller Studenten mindestens einen Teil ihrer Arbeit kaufe oder sich zumindest dabei helfen lasse. «10 Prozent lassen sich ausser Einführung, Fazit und Verdankung alles von einer Drittperson schreiben», sagt sie im Bericht. Sie fordert, dass die Universitäten härter gegen Schummler vorgehen.
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