Gratis-Heimflug und TheaterSo will die Schweiz Flüchtlinge fernhalten
Mit verschiedenen Projekten will der Bund Wirtschaftsflüchtlinge von einer Reise in die Schweiz abhalten. Eine Übersicht.
Die Schweiz finanziert eine 13-teilige TV-Serie in Nigeria, die potenzielle Migranten über die Gefahren der Flucht und die widrigen Lebensumstände für illegale Flüchtlinge in der Schweiz informieren soll. Dies ist bei weitem nicht das einzige Projekt, mit dem der Bund der irregulären Migration vorbeugen will. Einige Beispiele:
1. Gratisflug nach Hause
Flüchtlinge, die es sich vor der Fahrt über das Mittelmeer in Libyen noch einmal anders überlegen, unterstützte die Schweiz bei der Rückkehr ins Heimatland mit 1,054 Millionen Dollar.
Die Internationale Organisation für Migration IOM organisierte Reisedokumente bei den Botschaften, Migranten erhielten die nötige medizinische Behandlung vor der Abreise, und auch Rückflug und Familienzusammenkunft wurden geplant. 722 Flüchtlinge wurden so zurückgeschafft. Das Projekt ist Ende August 2016 ausgelaufen. Ähnliche Projekte wurden in Marokko (170'000 CHF) und auf dem Balkan (1'050'000 CHF) realisiert.
2. Theater, Musik und Mikrokredite
Um den Maliern die Risiken einer Reise nach Europa klarzumachen, finanzierten das SEM und andere Geldgeber 2008 ein Theaterstück, das in acht Städten Malis aufgeführt wurde und sich um Geschichten von Maliern auf der Flucht, in der Schweiz und bei der Rückkehr ins Heimatland drehte.
Figur Amadou lebt beispielsweise in der Schweiz, dessen Verwandte in Mali erwarten Geldsendungen. Er selbst ist aber arbeitslos und muss seine hohe Handyrechnung begleichen. Das Stück, welches 60'000 Franken kostete, versucht laut SEM «mit Humor, gängigen Mythen über die Zielländer von potenziellen Migrantinnen und Migranten zu begegnen».
Das SEM half mit 500'000 Franken, im Kongo das «Maison des Congolais de l'Etranger et des Migrants» aufzubauen. Das Zentrum informiert seit 2009 die Kongolesen im Raum Kinshasa über das Asylrecht und über die Gefahren der irregulären Migration.
Für diese Aktionen nutzte das Projekt Theater- und Musikstücke, Plakat-Aktionen sowie TV- und Radiospots. Allein mit dem Theaterstück konnten über 22'000 Personen erreicht werden. Es wurden zudem 100 verletzliche Frauen (zum Beispiel alleinerziehende Mütter und potentielle Migrantinnen) durch Mikrokredite und Schulungen unterstützt. Das Projekt wurde auf weitere Städte ausgeweitet.
3. Flüchtlingscamps in Nachbarländern unterstützen
Äthiopien ermöglicht Flüchtlingen aus Eritrea, die in einem Flüchtlingscamp wohnen, unter gewissen Bedingungen in die Hauptstadt Addis Abeba zu ziehen und dort eine Zukunft aufzubauen. Das SEM finanzierte von Ende 2014 bis Dezember 2016 dort mit insgesamt 1,05 Millionen Franken ein entsprechendes Projekt mit. Etwa 6000 Menschen nutzten das Angebot.
Auch im Sudan landen viele Flüchtlinge aus Eritrea. Ein aktuelles Projekt beteiligte sich mit 72'500 Franken an der Renovation von drei eritreischen Schulen in der sudanesischen Hauptstadt Khartum und bietet heute Kurse zur Alphabetisierung und in Mathematik für eritreische Flüchtlingsfrauen im Sudan an, um deren Integration in ihrem Erstaufnahmeland zu erleichtern. Auch Kindern im Alter von 7 bis 13 Jahren, viele von ihnen unbegleitete Minderjährige, werden fehlende Kenntnisse vermittelt, damit sie im nächsten Jahr in die normale eritreische Schule gehen können.
4. Information und Krisenmanagement
2009 und 2010 unterstütze das SEM ein Projekt am Horn von Afrika mit 450'000 Franken. Dieses bot Anlaufstellen für Migranten, in denen diesen Informationen über ihre Rechte und die Gefahren der irregulären Migration wie zum Beispiel des Menschenhandels zur Verfügung gestellt werden.
Zusätzlich werden besonders verwundbare Migranten an Hilfswerke und Aufnahmezentren weitervermittelt. Neben dem Aufbau dieser Anlaufstellen organisierte die verantwortliche Internationale Organisation für Migration (IOM) Ausbildungsveranstaltungen für lokale Behörden.
Zusammen mit der EU unterstützt die Schweiz den Libanon beim «Border mMnagement». Ziel ist es, die Kapazitäten der libanesischen Grenzbehörden im Umgang mit Migrations- und Flüchtlingsströmen zu stärken. Kosten: 800'000 Franken. Konkret kümmert sich das SEM um Bereiche wie Krisenmanagement, standardisierte Asyl-Mechanismen an den Grenzen, Rechte von Migranten und Flüchtlingen.
5. Selbstständigkeit für Junge fördern
Das SEM unterstützt die Regierung Guineas bei der Förderung von Selbstständigkeit der jungen Gunineer. Mittels Ausbildung, Finanzierung von Projekten und der Bildung von Jugendverbänden und wirtschaftlichen Interessengemeinschaften sollen für die jungen Leute Perspektiven im eigenen Land geschaffen werden. Die Schweiz finanziert das 18 Monate lang dauernde Projekt mit 300'000 Franken. Bisher konnten 150 Personen davon profitieren.
Ob durch diese Projekte tatsächlich weniger Migranten in die Schweiz kommen, ist laut SEM schwierig zu ermitteln. «Eine exakte Wirkungsanalyse vorzunehmen, ist wissenschaftlich schwierig. Dazu ist die Zielgruppe zu gross und zu heterogen und die Faktoren, die den Entscheid zur Migration beeinflussen, sind zu vielfältig. Das spricht aber in keiner Weise gegen die Durchführung solcher Projekte», sagt Sprecher Lukas Rieder.