Blocher-Schwiegersohn vor Karriereknick?

Aktualisiert

Roberto MartulloBlocher-Schwiegersohn vor Karriereknick?

Vergangene Woche überzeugte Roberto Martullo die Zürcher SVP-Delegierten von einem Ja zur Abzocker-Initiative. Hinter den Kulissen arbeiten seine Gegner nun an dessen Sturz.

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Es ist ein untrügliches Zeichen: Wenn einem Politiker alte Geschichten um die Ohren gehauen werden, wackelt sein Stuhl. So ergeht es derzeit Roberto Martullo. Der Meilemer SVP-Präsident war am Montag zu Gast in der Sendung TalkTäglich auf «TeleZüri». Moderator Markus Gilli hatte einen Artikel vom Februar 2006 ausgegraben. Der «SonntagsBlick» enthüllte, dass der gebürtige Süditaliener 2004 beim Versuch, sich einbürgern zu lassen, am Veto des Justizministeriums gescheitert war – und das, obwohl Martullos Schwiegervater Christoph Blocher damals Justizminister war.

Im gleichen Artikel ist nachzulesen, dass auch Martullos berufliche Karriere nicht ohne Rückschläge verlief. Der heutige Personalberater ging 1991 mit seinem Elektronikunternehmen in Wohlen Pleite. Ein Jahr später musste er den Privatkonkurs anmelden. Doch am Montag machte der 50-Jährige klar, er habe all seine Schulden von früher beglichen. Den Schweizer Pass bekam er schliesslich 2007.

«Vergreift sich im Ton»

Um sein Amt bangen muss Martullo aber nicht wegen dieser alten Geschichte. Und vordergründig auch nicht, weil er letzte Woche mit einem beherzten Votum dazu beitrug, dass die Zürcher SVP-Delegierten gegen Blochers Willen die Ja-Parole zur Abzocker-Initiative ausgaben. Sondern weil ihn die parteiinternen Gegner wegen seines angeblich rüden Politikstils auf dem Kieker haben: Er vergreife sich immer wieder im Ton, berichtete ein anonymes SVP-Mitglied der «NZZ am Sonntag».

Das Blatt widmete Martullo eine ganze Seite und berichtete unter dem Titel «Es wird eng für den Schwiegersohn» von einer Intrige, die gegen diesen laufe: Bei der Generalversammlung der Ortspartei vom 28. Februar könnte es einen Antrag geben, den eigentlich bis 2014 gewählten Präsidenten zu stürzen. Seit Dienstag haben die Rebellen nun ein Gesicht: Der Banker Thomas Matter gehöre zur rund 20-köpfigen Gruppe, die Martullo loswerden wollten, schreibt die NZZ. Matter gilt wie Gregor Rutz als einer der Hoffnungsträger der Zürcher SVP. Gegenüber 20 Minuten Online wollte er sich nicht äussern.

Den Ehrgeiz nie verhehlt

Im Sommer 2011 machte das Gerücht die Runde, Blochers älteste Tochter Magdalena Martullo-Blocher könnte ihren Vater nicht in der Chefetage der EMS-Chemie beerben, sondern dereinst auch seine Nachfolgerin an der SVP-Spitze werden. Die Ökonomin mochte sich bisher aber nicht zu einem Einstieg in die Politik durchringen – im Gegensatz zu ihrem Mann Roberto. Der Secondo machte nie einen Hehl daraus, dass er nach höheren Ämtern als jenem des Ortsparteipräsidenten strebt.

Bei den Wahlen zum Zürcher Kantonsrat 2011 schaffte Martullo vom letzten Listenplatz aus den Sprung auf die dritte Ersatzposition und ist seither öfters auf der Besuchertribüne des Parlaments anzutreffen. Als Gregor Rutz letztes Jahr für Bruno Zuppiger in den Nationalrat nachrückte, hoffte der Ehrgeizige auf den Karrieresprung – zumal die beiden vor ihm platzierten SVPler abgewählt worden waren und eigentlich jüngeren Kräften hatten Platz machen wollen.

Mörgeli und Rutz als Drahtzieher

Doch Rolf Zimmermann, Erster auf der Ersatzliste, liess sich überreden, nochmals eine Legislatur anzuhängen. Dahinter steckten offenbar Rutz sowie SVP-Programmchef Christoph Mörgeli: Sie wollten den Aufstieg Martullos in den Kantonsrat verhindern, laut NZZ, weil sich dieser für die Abzocker-Initiative stark macht. «Ja, es war eine Strafaktion von Mörgeli und Rutz», bestätigte der Ausgesperrte im letzten September. Offenbar ärgert es die SVP-Mandatsträger besonders, dass Martullo sich geschickt als Fackelträger der Parteibasis vermarktet: Bei dieser geniesst die Abzocker-Initiative mehr Sympathien als beim Parteiestablishment.

Stürzt Martullo nun über die Intrige in seinem Wohnort, bedeutet das kaum das Ende seiner politischen Träume: Er dürfte 2015 wieder für die Wahlen in den Kantonsrat antreten und kann auf die Unterstützung der SVP-Anhänger hoffen. Zugute kommen wird ihm dabei eine Charaktereigenschaft, die ihm der Meilemer SVP-Vizepräsident Adrian Bergmann zuschreibt: «Er ist sehr lernfähig.»

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