Abfall-StudieJeder Schweizer wirft 31 Kilo Lebensmittel weg
Das Bundesamt für Umwelt hat in den Kehrichtsäcken der Nation gewühlt. Noch immer landen viele verwertbare Stoffe in der Kehrichtverbrennung – vor allem Lebensmittel.
Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) hat den Inhalt von 16,5 Tonnen Kehrichtsäcken aus 33 Schweizer Gemeinden untersucht. Die Analyse der Zusammensetzung des Kehrichts zeigt: Ein Fünftel der Ware, die Herr und Frau Schweizer in den Müllcontainer werfen, könnte wiederverwertet werden – insgesamt 340'000 Tonnen.
Der Löwenanteil des Hauskehrichts machen mit knapp einem Drittel die biogenen Abfälle aus. Dazu gehören neben Gartenabfällen vor allem Nahrungsmittel. Erstmals hat das BAFU den Anteil der Nahrungsmittel im Kehricht erhoben. Ergebnis: Fast ein Sechstel des untersuchten Hauskehrichts bestand aus Lebensmitteln. Die 250'000 Tonnen entsprechen jährlich über 31 Kilogramm weggeworfenen Nahrungsmitteln pro Kopf. «Das sind verschwendete Lebensmittel», sagt Michael Hügi vom BAFU.
Hoher Lebensstandard führt zu viel Abfall
Zusammen mit den Abfällen der Landwirtschaft, der Industrie und der Gastronomie werden in der Schweiz pro Jahr über 2 Millionen Tonnen Nahrungsmittel verschwendet. Die Anstrengungen des Bundes und der Lebensmittelindustrie, das so genannte Food Waste zu reduzieren, zeigen noch keinen Erfolg: Der Anteil biogener Abfälle ist innerhalb von 20 Jahren von 23 auf 33 Prozent gestiegen.
Die Menge des Hauskehrichts betrug im Jahr 2012 1,6 Millionen Tonnen. Das sind knapp 8 Prozent mehr als zehn Jahre zuvor. Bezogen auf die Pro-Kopf-Abfallmenge liegt die Schweiz laut Hügi europäisch auf einem Spitzenrang. Die gute Konjunktur der letzten 40 Jahre habe zu einem stetigen Wachstum der Siedlungsabfälle geführt. «Der hohe Lebensstandard in der Schweiz führt dazu, dass die Leute viel konsumieren und entsprechend viel wegwerfen», sagt Hügi.
Trotzdem stehe das Entsorgungswesen in der Schweiz ökologisch gut da. Es sei gelungen, das Wachstum der Siedlungsabfallmenge durch eine Steigerung bei der Wiederverwertungsquote weitgehend aufzufangen, sagt Hügi. «Ungefähr die Hälfte der Siedlungsabfälle wird rezykliert, die andere Hälfte wird in Kehrichtverbrennungsanlagen umweltverträglich und unter Energienutzung verbrannt.
Shampoo-Flaschen zurückgeben
Als Antwort auf die «Initiative für eine Grüne Wirtschaft» der Grünen, die im Herbst 2012 eingereicht wurde, hat der Bundesrat einen Aktionsplan beschlossen. Damit sollen Rohstoffe effizienter genutzt und die Schliessung von Stoffkreisläufen verbessert werden.
Ein Ziel dabei sei die Reduktion des Anteils an wiederverwertbarem Abfall. Insbesondere Kunststoffverpackungen sollen vermehrt zurückgegeben werden, sagt Bernhard Hammer vom BAFU. Hier soll der Detailhandel eine wichtige Rolle spielen – zunächst auf freiwilliger Basis. Solange die gesteckten Ziele erreicht werden, brauche es keine Verordnung vom Bund.
«Wir wollen nicht in Sammelwut ausbrechen», sagt Hammer, aber dort, wo eine Wiederverwertung ökologisch Sinn macht, solle den Konsumenten zukünftig neben den PET-, Milchflaschen- und Batteriesammelstellen auch Behälter für leere Plastikverpackungen zur Verfügung stehen. Ein Pilotversuch der Migros zeige, dass dieses Angebot von den Konsumenten geschätzt werde. «Schliesslich bedeutet das keinen grossen Zusatzaufwand», sagt Hammer. Denkbar sei auch, bestehende Sammelstrukturen der Gemeinden für die Rückgabe von Plastikverpackungen zu nutzen.
Weniger Abfall dank Sackgebühren
Einen grossen Einfluss auf die anfallende Abfallmenge hat das Kostenmodell. Die durchschnittliche Abfallmenge in den 33 untersuchten Gemeinden liegt bei 184 Kilogramm pro Kopf. In den 24 Gemeinden mit einem verursachergerechten Gebührensystem liegt die Menge im Schnitt 80 Kilogramm tiefer als in Gemeinden ohne Sackgebühr. «Die Studie bestätigt erneut, dass die Sackgebühr ein Erfolgsmodell ist und die erwünschte Lenkungswirkung erzielt», sagt Michael Hügi.