Sturmgewehr im Zeughaus ärgert die Armee

Aktualisiert

Sturmgewehr im Zeughaus ärgert die Armee

Armeeangehörige aus dem Kanton Genf können ab dem 2. Januar 2008 ihre Waffe im Zeughaus deponieren. Gratis. Nach dem Tötungsdelikt in Zürich-Höngg stieg das Interesse sprunghaft an. Die Armee ist gar nicht erfreut.

«Alles ist bereit», heisst es beim kantonalen Baudepartement. Seit Anfang Dezember informieren die Genfer Behörden die Armeeangehörigen im Internet, dem Amtsblatt und in den offiziellen Aushängekästen über die Möglichkeit, die Armeewaffe im Zeughaus zu deponieren.

Sturmgewehr, Pistole, Magazin und Bajonett können die in Genf wohnhaften Armeeangehörigen abliefern. Voraussetzung für die Lagerung der Ordonnanzwaffe im Zeughaus ist, dass der Soldat oder die Soldatin die Waffe bei sich zu Hause nicht in genügender Sicherheit wähnt. Weit über 100 Anfragen sind beim Kanton bereits eingegangen.

Von militärischen Pflichten nicht befreit

Die für die Abgabe der Waffe nötigen Formulare hat der Kanton Genf auf dem Internet zugänglich gemacht. In dem Papier muss angegeben werden, welcher Art die Waffe ist und wer ihr Besitzer ist. Die Unterzeichnenden erklären, dass sie sich mit der Abgabe der Dienstwaffe nicht von ihren militärischen Pflichten befreien.

Für den Unterhalt der Waffe bleiben sie verantwortlich. Am Schalter im Zeughaus muss das Dienstbüchlein vorgewiesen werden. Beim Abholen des Gewehrs für obligatorische Schiessübungen oder einen Wiederholungskurs müssen der Depotschein, das Dienstbüchlein und eine Identitätskarte mit Foto vorgewiesen werden.

Viele Anfragen nach Tötungdelikt von Zürich

Die Genfer Regierung hatte die Öffentlichkeit im September über die Möglichkeit der Deponierung der Armeewaffe im kantonalen Zeughaus informiert. Nachdem im November in Zürich-Höngg ein Soldat mit einer Armeewaffe eine 16-Jährige erschossen hatte, sei die Zahl der Anfragen stark angestiegen, hiess es beim Baudepartement.

Das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) hat an der Genfer Praxis jedoch keine Freude. Mit einer schriftlichen Intervention versuchte es zunächst, den Genfer Staatsrat von seinem Vorhaben abzubringen.

Andere Kantone wollen nachziehen

Das VBS ist der Ansicht, dass die Regelung gegen das Militärgesetz verstösst. Die Genfer liessen sich davon aber nicht beirren. Das Gesetz schreibe nicht vor, die Armeewaffe bei sich zu Hause aufzubewahren, stellten sie fest. Um sich aus der Schusslinie zu nehmen, verschärfte der Kanton im kantonalen Zeughaus aber die Sicherheitsnormen.

Um Nachahmerkantone zurückzuhalten, forderte das VBS alle Kantone auf, sich an «geltendes Recht» zu halten. Zudem kündigte es Anfang Dezember an, 2008 eine umfassende Analyse zum Thema Armeewaffen vorzulegen. Zur Genfer Praxis sagt VBS-Sprecher Sebastian Hueber nur: «Wir müssen das vorerst zur Kenntnis nehmen».

In der Schweiz mehren sich derweilen die Stimmen, die die Ordonnanzwaffen ins Zeughaus verbannen wollen. Etwa gab am Donnerstag die Jung-FdP-Wallis bekannt, dass sie die Initiative der Sozialdemokraten «für den Schutz vor Waffengewalt» unterstützt.

In mehreren Kantonen drängt die SP darauf, es den Genfern gleichzutun. In Obwalden ist eine Motion hängig, welche die Aufbewahrung im Zeughaus ermöglichen soll. Auch in St. Gallen wurde eine einfache Anfrage eingereicht.

Im Frühjahr hatten bereits die FDP-Frauen erklärt, dass eine Lagerung der Dienstwaffen im Zeughaus eine wirkungsvolle Präventionsmassnahme gegen Familiendramen und Suizide sei. Ausser im Kanton Genf ist die Hinterlegung von Armeewaffen im Zeughaus gebühren- und bewilligungspflichtig.

(SDA/ast)

Das sagt das Militärgesetz

Art. 25

Pflichten ausser Dienst

1

Die Militärdienstpflichtigen haben ausser Dienst die folgenden Pflichten:

a. Sie sorgen für die sichere Aufbewahrung und den Unterhalt der persönlichen Ausrüstung (Art. 112).

b. Sie bestehen die Inspektionen (Art. 113).

c. Sie erfüllen die Schiesspflicht (Art. 63).

d. Sie befolgen die übrigen Vorschriften über das Verhalten ausser Dienst.

Art. 112

Aufbewahrung und Unterhalt

1

Die Angehörigen der Armee sorgen für die sichere Aufbewahrung und die Instandhaltung der persönlichen Ausrüstung sowie für den Ersatz unbrauchbar gewordener Gegenstände.

2

Verletzen Angehörige der Armee diese Pflichten oder missbrauchen sie die Ausrüstung, so kann ihnen diese abgenommen werden.

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