Treffen in GenfGeheimdeal schützte Schweiz vor PLO-Terror
Die Entführung einer Swissair-Maschine sorgte 1970 für geheime Verhandlungen zwischen dem Bundesrat und der PLO. Diese rücken auch den Absturz von Würenlingen in ein neues Licht.
Der islamistische Terror ist in Europa allgegenwärtig. Nach den Anschlägen in Paris wurde in Brüssel die Alarmstufe erhöht. Und auch in Genf musste im Dezember nach einem Polizeiansatz die Terrorwarnstufe kurzzeitig angepasst werden. Staatschefs betonen, dass sie sich auf keine Verhandlungen mit Terroristen einlassen. Just zu dieser Zeit kommen brisante Details aus der Schweizer Geschichte ans Licht.
So soll Alt-Bundesrat Pierre Graber die Schweiz in den 1970er-Jahren vor Terroranschlägen bewahrt haben. Wie die NZZ berichtet, schloss der damalige Aussenminister mit der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) ein Stillhalteabkommen ab. Dieses soll beinhaltet haben, dass die Schweiz die PLO, die damals als terroristische Organisation eingestuft worden war, in ihrem Bestreben nach diplomatischer Anerkennung bei der UNO unterstützte. Im Gegenzug wurde der Schweiz zugesichert, sie von terroristischen Anschlägen zu verschonen.
Auslöser des Abkommens war die Entführung einer Swissair-Maschine im September 1970 durch eine palästinensische Kommandogruppe. Drei Wochen lang verhandelte der Bundesrat mit den Entführern, bis die Geiseln freikamen. Auf dem Höhepunkt der Krise soll es in Genf zu geheimen Gesprächen gekommen sein. Laut dem Artikel waren neben Bundesrat Graber auch der Schweizer Geheimdienstchef, der Bundesanwalt sowie Kantonsvertreter aus Genf anwesend.
Immer neue Forderungen
Sie trafen sich mit der palästinensischen Delegation um Farouk Kaddoumi, dem damaligen Aussenbeauftragten der PLO. Vermittelt wurde der Kontakt von Jean Ziegler, wie der langjährige SP-Nationalrat der Zeitung bestätigt.
Man habe das Land vor terroristischen Anschlägen bewahren wollen und deshalb «in guter Absicht» gehandelt, sagt der heute 81-Jährige. Laut der NZZ hätten die Palästinenser von der Schweiz in den folgenden Jahren immer wieder neue Zugeständnisse gefordert. Die Drohung: Bei einer Ablehnung könne nicht mehr für die Sicherheit der Schweiz garantiert werden.
Keine Anklage bei Würenlingen-Absturz
Durch diese Enthüllung nach einem knappen halben Jahrhundert erscheint auch eines der grössten Verbrechen der jüngeren Schweizer Geschichte in einem neuen Licht. Durch einen Bombenanschlag stürzte eine Swissair-Coronado am 21. Februar 1970 – also mehrere Monate vor dem Abkommen – in der Aargauer Gemeinde Würenlingen ab. 47 Menschen kamen dabei ums Leben. Im Verdacht stand damals ein Mitglied einer palästinensischen Kommandogruppe, der Jordanier Sufian Kaddoumi.
Der Bundesanwalt hätte nach dem Treffen mit Kaddoumis Namensvetter in Genf Anklage gegen den Mann erheben müssen, schreibt die NZZ. Dies geschah allerdings nicht. Bis heute ist der Absturz nicht restlos geklärt.