Albert RöstiEin Anti-Mörgeli soll die SVP zum Erfolg führen
Albert Rösti leitet den Wahlkampf der SVP 2015 in der Deutschschweiz. Der Berner gilt als grundanständig und kompromissbereit – will aber kein Softie sein.

Albert Rösti im Gespräch mit der Grünliberalen Kathrin Bertschy. Der Berner SVP-Mann geniesst auch bei Vertretern anderer Parteien hohes Ansehen, weil er sich mit persönlichen Attacken zurückhält.
Wenn Christoph Mörgeli der Bad Cop der SVP ist, verkörpert Albert Rösti den Good Cop: Über den Berner SVP-Nationalrat verlieren selbst politische Gegner kein schlechtes Wort. «Rösti ist freundlich, differenziert und konsensorientiert – ein sehr untypisches SVP-Mitglied», sagt SP-Nationalrat Beat Jans, der mit Rösti in der Umweltkommission sitzt.
Umso überraschender kam die Meldung der «NZZ am Sonntag», dass die Rechtspartei den 46-Jährigen zu ihrem Wahlkampfleiter für die Deutschschweiz gekürt hat. Ausgerechnet ein Vertreter des gemässigten Berner Flügels soll 2015 eine Partei, die für ihre provokativen Kampagnen bekannt ist, zum Erfolg führen. «Das passt irgendwie nicht», findet Jans.
Fährt SVP einen Kuschelkurs?
Eine Erklärung hat Andreas Ladner: Der Lausanner Politologieprofessor hält es für möglich, dass die SVP in zwei Jahren einen verhältnismässig zurückhaltenden Wahlkampf führen wird. «Die Parteistrategen wissen, dass sich die Provokation irgendwann totläuft.» Will die Partei nicht nur Wählerstimmen holen, sondern auch wirklich Einfluss auf die Politik nehmen, müsse sie mehr Leute in die Exekutive hieven und im Parlament mehr Koalitionen schmieden. Für beides brauche sie die Unterstützung der anderen bürgerlichen Parteien. «Die SVP kann ihre potenziellen Partner nicht immer vor den Kopf stossen.»
Ins Bild passt, dass die SVP seit der Wahlniederlage von 2011 gemässigter auftritt, wie auch Parteipräsident Toni Brunner einräumt. Für einen solchen Kuschelkurs wäre Albert Rösti der richtige Mann. BDP-Nationalrätin Ursula Haller freut sich: «Die SVP hat eine gute Wahl getroffen.» Rösti sei hart in der Sache, aber fair im Umgang. «Ich hoffe, diese Eigenschaften schlagen sich im Wahlkampf 2015 nieder.» Der frühere BDP-Präsident Hans Grunder ergänzt: «Die SVP scheint wieder vernünftig zu werden.»
«Kein versöhnliches Signal»
Rösti selber wehrt sich jedoch gegen sein Softie-Image. «Ich habe meine Meinung und werde sie auch äussern.» Auch ohne persönliche Angriffe auf politische Gegner vertrete er pointiert das Parteiprogramm, hinter dem er voll und ganz stehe. Dementsprechend sieht Rösti in seiner Ernennung zum Wahlkampfleiter auch kein versöhnliches Signal an die Konkurrenz.
Gleicher Meinung ist SVP-Generalsekretär Martin Baltisser. Nicht Röstis konziliante Art habe den Ausschlag gegeben: «Sondern dass er ein gutes politisches Gespür hat, über einen Zugang zu vielen Themen verfügt und sich in der Politik sowohl auf kommunaler wie auch auf kantonaler und nationaler Ebene auskennt.» Zudem hat der ETH-Agronom mit MBA Zeit: Per Ende August tritt Rösti als Direktor des Verbandes der Schweizer Milchproduzenten zurück.
Der Provokation nicht abgeneigt
Kein Geheimnis machen Baltisser und Rösti daraus, dass die SVP 2015 auf ihre Evergreens setzen wird, um verlorenes Terrain zurückzugewinnen: Den «Kampf gegen fremde Richter», der durch die Europapolitik des Bundesrates neue Aktualität gewonnen hat. Und die Zuwanderung.
Wie scharf die Kampagne ausfallen wird, ist noch nicht entschieden. Auf die Frage, wie glücklich er ist mit Sujets wie schwarzen Schafen, roten Ratten und Ausländern, die Schweizer Flaggen zerreissen, antwortet Rösti: «Wenn es eine Provokation braucht, um auf Missstände aufmerksam zu machen, kann ich das unterstützen.»