«Viele fühlen sich durch Bettler im Zug belästigt»

Publiziert

Bahnverkehr«Viele fühlen sich durch Bettler im Zug belästigt»

In einer S-Bahn bittet ein Mann um Geld für seine herzkranke Tochter. Trotz Verbot ereignen sich solche Fälle in den Schweizer Zügen immer wieder.

von
B. Zanni
Taucht im Zug ein Bettler auf, sollen die Passagiere besser nicht zum Portemonnaie greifen.

Taucht im Zug ein Bettler auf, sollen die Passagiere besser nicht zum Portemonnaie greifen.

Keystone/Gaetan Bally

Anfang Monat in einem Zug auf der Linie der Zürcher S6 Richtung Zürich: Plötzlich taucht ein Mann auf. Murmelnd und mit einem hilflosen Ausdruck im Gesicht drückt er den Passagieren einen Bettelzettel in die Hand: Seine Tochter leide an einem Herzklappenfehler. Da er die Operation nicht bezahlen könne, brauche er dringend Geld. Einzelne Fahrgäste stecken ihm ein paar Münzen zu. Zum Dank verteilt der Mann jedem Spender ein Päckchen Taschentücher.

SBB-Sprecher Daniele Pallecchi verweist auf die Hausordnung der S-Bahn Zürich. Diese macht deutlich, dass Betteln wie auch Darbietungen, Werbeaktionen und Unterschriftensammlungen verboten sind. «Nicht zuletzt, weil sich viele Kundinnen und Kunden davon belästigt fühlen», erklärt Pallecchi.

«Spender könnten Kriminelle unterstützen»

Es kommt immer wieder vor, dass Personen in Zügen auf Betteltour gehen. «Wir beobachten grundsätzlich Wellenbewegungen von Bettlern», sagt Pallecchi. Laut dem Zürcher Stadtrichteramt droht Bettlern im Kanton Zürich beim ersten Mal eine Busse von 80 Franken. Das zweite Vergehen kostet 150, das dritte 200 Franken. Dazu kommen entsprechende Verfahrensgebühren.

Für die Schweizerische Kriminalprävention riecht der aktuelle Fall des Bettlers in der S-Bahn nach Betrug. Manche Bettler würden auf die Tränendrüse drücken, sagt Direktor Martin Boess. «Nehmen sie ein krankes Kind als Vorwand, um Geld zu sammeln, jagen sie den Menschen sehr schnell ein schlechtes Gewissen ein.» Das sei verwerflich. Gian Andrea Rezzoli, Sprecher der Kantonspolizei St. Gallen, warnt vor den Bettlern. Es könne sich bei diesen auch um Betrüger handeln. «Wer Bettlern Geld gibt, unterstützt unter Umständen kriminelle Banden.» In der Schweiz müsse niemand betteln. «Wer Hilfe braucht, kann sich bei den Behörden melden.» Auch empfiehlt er, Gegenleistungen nicht anzunehmen. «Gibt der Bettler etwas für das Geld, kann das auch ein Ablenkungsmanöver zum Bestehlen sein.»

Roma-Kinder verteilen Zettel

Die Kantonspolizei Zürich registriert im Jahr 2015 rund 900 Anzeigen wegen Betteln. Zehn der Fälle ereigneten sich im Zug. Eine Leser-Reporterin berichtete Ende 2015: «Sie verteilen sich strategisch über die verschiedenen Abteile und bitten die Passagiere mehrere Male um Geld.» Zudem waren bereits 2013 in BLS-Zügen (Bern-Lötschberg-Simplon-Bahn) Leute ausländischer Herkunft unterwegs, die bettelten und Flyer verteilten.

Auch wurde schon an Bahnhöfen gebettelt. Am Bahnhof Brig hielten 2013 Roma-Kinder Passanten Bettelzettel hin. In St. Gallen erklärte 2014 laut der Kapo St. Gallen eine 24-jährige Betrügerin Passanten, sie sei bestohlen worden und benötige Geld für ein Zugbillett. Sie kassierte jeweils zwischen 10 und 2000 Franken. Die versprochene Rückzahlung des Geldbetrags blieb aber immer aus.

Deine Meinung zählt