Ungerechte Notengebung«Herzige Schüler werden besser beurteilt»
Nicht nur die Leistung spielt bei der Benotung eine Rolle, beweist eine Studie. Die Zürcher Lehrerverbandspräsidentin rät, Zeugnisse nicht zu ernst zu nehmen.
Frau Lätzsch, je schöner die Kinder desto besser die Noten, zeigen schottische Forscher im Fachjournal «Plos One» auf. Wie erklären Sie sich das?
Ich kenne die Studie nicht, aber ich glaube das sofort. Es ist erwiesen, dass bei einer Beurteilung auch Aspekte einfliessen, die nichts mit der Leistung zu tun haben. So spielt etwa auch hinein, wie sympathisch einem der Schüler ist. Besonders herzige Schüler werden wohl besser beurteilt.
Sind Schüler dem einfach ausgeliefert?
Zu einem Teil wohl schon. Erfahrene Lehrpersonen wissen das und versuchen es bei der Benotung zu berücksichtigen. So lasse ich etwa auch immer die Schüler sich selbst beurteilen und diskutiere mit ihnen, wenn es Abweichungen gibt.
Aber beurteilt sich der hässliche Schüler nicht selbst auch schlechter als der hübsche?
Das stimmt vermutlich. Echte Gerechtigkeit ist extrem schwierig. So spielt es ja auch eine Rolle, ob man in einer starken Klasse oder einer schwachen Klasse ist. In der schwachen erhält man für dieselbe Leistung bessere Noten als in einer starken.
Müsste man denn die Benotung anders machen?
Im Lehrplan 21 hält man am angestammten System fest. Eigentlich würde man gern die Kompetenzen eines Schülers beurteilen. Das würde bedeuten, dass man festhält, ob und wie gut der Schüler ein Thema verstanden hat. Das wäre aber sehr aufwendig und schwierig zu verstehen, darum bleibt man bei der bewährten Methode.
Was raten Sie denn im Zusammenhang mit den Noten?
Man sollte diese Bewertung grundsätzlich nicht zu ernst nehmen.

Lilo Lätzsch ist Präsidentin des Zürcher Lehererverbands.