Handy-GlotzerPolitiker fordern Strafen für Fussgänger am Handy
Passanten, die mit ihrem Handy beschäftigt sind, verunfallen häufig im Strassenverkehr. Politiker wollen gegen die Handy-Glotzer nun härter durchgreifen.
Sie blenden den Verkehr aus, missachten Signale, erzwingen den Vortritt und geraten unvermittelt auf die Strasse. Im schlimmsten Fall vor ein Auto. Weil sie auf den Bildschirm ihres Smartphones und nicht auf den Verkehr achten, geraten Fussgänger immer öfters unter die Räder.
In Deutschland will man künftig stärker gegen solche Handy-Glotzer vorgehen: Politiker wollen abgelenkte Smartphone-Besitzer künftig mit einem Bussgeld bestrafen. Auch Schweizer Verkehrspolitiker sehen Handlungsbedarf. Wer in der Schweiz auf dem Trottoir geht und dabei telefoniert, tut nichts Verbotenes. Das will SVP-Nationalrat Walter Wobmann ändern: «Fussgänger, die nur aufs Telefon schauen und dadurch eine Gefährdung für andere darstellen, sollten bestraft werden können», so der SVP-Nationalrat. «Wie bei den Autofahrern muss die Polizei auch hier konsequent mit Kontrollen durchgreifen.» Wer aufs Telefon schaue, könne sich schliesslich auch als Fussgänger nicht noch auf den Verkehr konzentrieren, sagt Wobmann.
Per Handzeichen über den Fussgängerstreifen
Auch Parteikollegin Natalie Rickli fordert eine schärfere Gangart gegen Fussgänger: «Es kann nicht sein, dass telefonierende Autofahrer bestraft werden, während unachtsame Passanten kaum Konsequenzen zu fürchten haben.» Eine Busse nach deutschem Vorbild lehnt Rickli jedoch ab. «Es braucht nicht mehr Verbote, sondern mehr Eigenverantwortung.» Konkret schlägt Rickli vor, dass das 1994 abgeschaffte Handzeichen-Obligatorium wieder eingeführt werden soll.
Eine Rückkehr zum alten Handzeichen-Obligatorium kommt weder für den TCS noch für den Fussgängerverband Fussverkehr Schweiz in Frage. «Es ist im Eigeninteresse des Fussgängers, dass er sich auf den Verkehr konzentriert. Wenn es kracht, trägt er die schwersten Schäden davon», sagt Dominik Bucheli von Fussverkehr Schweiz. Der Verkehrsexperte setzt deshalb auf Prävention: «Jährlich verunfallen rund 2250 Fussgänger, das gilt es zu verhindern.»
Auch die Polizei ist gegen Kontrollen
Die Kantonspolizei Bern nimmt das Thema «sehr ernst», wie Mediensprecherin Simona Benovici mitteilt. «Egal ob Fussgänger, Velo, Töffli, Auto oder Lastwagenfahrer – wer sich im Strassenverkehr bewegt, muss sich voll und ganz konzentrieren», so Benovici. Auch die Stadtpolizei Zürich stellt fest, dass ein Teil der Fussgänger weniger aufmerksam sind, weil sie sich mit ihrem Smartphone beschäftigen. Von gezielten Kontrollen will Stapo-Medienchef Marco Cortesi jedoch nichts wissen. «Wir können bei solchen Blindflügen nur an die Vernunft appellieren.» Verboten seien die Telefone ja nicht, so Cortesi.
Anders als bei den Automobilisten hat die Polizei gegen die vom Handy abgelenkten Fussgänger praktisch keine Handhabe. Ausser sie überqueren einen Fussgängerstreifen. Hier riskieren telefonierende Fussgänger nämlich eine Busse. Denn im Gesetz steht klar: Fussgänger dürfen den Zebrastreifen nicht überraschend betreten.
Braucht es ein Handzeichen?
Seit Juni 1994 heisst es in der revidierten Verkehrsregelverordnung: Am Zebrastreifen «muss jedem Fussgänger der Vortritt gewährt werden, der sich bereits auf dem Streifen befindet oder davor wartet und ersichtlich die Fahrbahn überqueren will». Mit der Gesetzesrevision von 1994 entfiel auch die bisherige Regelung, wonach der Fussgänger nur dann Vortritt hat, wenn er diesen per Handzeichen ankündigt. Laut Gesetz haben Fussgänger die Fahrbahn jedoch vorsichtig und auf dem kürzesten Weg zu überschreiten.