24-Jähriger zahlt mehr Prämie – weil er Serbe ist

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Autoversicherung24-Jähriger zahlt mehr Prämie – weil er Serbe ist

Ein junger Serbe, der in der Schweiz geboren und aufgewachsen ist, muss für seine Autoversicherung über 50 Prozent mehr bezahlen als ein Schweizer. Das, obwohl er nie verunfallt ist.

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Für dieses Auto zahlt A. P. bei seiner Versicherung deutlich mehr als ein Schweizer.
Die Prämienberechnungen der Autoversicherer beruhen auf verschiedenen Faktoren. Dazu zählen etwa Nationalität, Geschlecht, Alter, Fahrzeugtyp, dessen Leistung, Fahrerfahrung, Schadenhistorie, Wohnort oder Ausweisentzüge.
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Für dieses Auto zahlt A. P. bei seiner Versicherung deutlich mehr als ein Schweizer.

zvg

A. P.* ist serbischer Staatsangehöriger. Er wurde in der Schweiz geboren und wuchs im Kanton Uri auf. Mittlerweile wohnt er im Aargau und ist als Account Manager tätig. Vor drei Wochen hat sich der 24-Jährige ein Auto gekauft und erkundigte sich deshalb bei einer Versicherung nach einer Offerte. Für die Teilkasko-Versicherung sollte er 950 Franken bezahlen. Damit war P. zufrieden und unterschrieb. «Anfang August bekam ich aber einen Anruf. Sie sagten mir, dass man bei der Berechnung einen Fehler gemacht habe. Sie seien davon ausgegangen, dass ich Schweizer sei.» Da er den roten Pass nicht besitzt, sollte P. nun deutlich mehr bezahlen: 1500 Franken, also über 50 Prozent mehr.

«Ich verstehe, dass Fehler passieren können. Ich gebe auch zu, dass es oft Ausländer sind, die Unfälle bauen oder rasen. Ich hatte aber noch nie einen Unfall und bin nicht vorbestraft. Sie werfen einfach alle in einen Topf», sagt P. Man habe ihm zwar einen Rabatt von 20 Prozent angeboten, dennoch bleibe der Preis mit 1200 Franken über dem ursprünglichen Angebot. Die Versicherung ist nicht die einzige, die so verfährt: «Ich habe mir Angebote verschiedener Versicherungen angesehen. Der Unterschied beträgt überall mindestens 50 Prozent», so P. «Für mich geht das Richtung Rassismus.»

«Gleich wie alle anderen Versicherungen»

P. hat seine Autoprüfung seit 2011 und fährt somit nicht mehr mit Ausweis auf Probe. «Wenn es ein wertvolles Auto wäre, könnte ich den Aufschlag eher verstehen.» Der Golf 1.2 TSI mit 120'000 Kilometern, den er für 8000 Franken gekauft hat, fällt allerdings nicht unbedingt unter eine Luxus-Kategorie. «Es ist erschreckend, wenn man bedenkt, dass ein Kollege von mir viel weniger bezahlen müsste. Die Nationalität sagt doch nichts über den Charakter aus. Meiner Meinung nach darf dies in einem so fortschrittlichen Land wie der Schweiz einfach nicht sein.»

Beim betroffenen Versicherer, der Vaudoise Assurances, betont man, dass die Tarife auf internen und externen Statistiken basierten. Berücksichtigt wird nicht nur die Nationalität, sondern auch beispielsweise das Alter und der Fahrzeugtyp, erklärt Sprecherin Carole Morgenthaler. «Die Vaudoise wendet eine geläufige und legale Marktpraxis an, die von der Finanzmarktaufsicht Finma bewilligt wurde. Sie verhält sich also gleich wie alle anderen Versicherungen in der Schweiz.»

Auch Geschlecht und Schäden haben Einfluss

Tatsächlich: Bei der Mobiliar zeigen sich in der Statistik je nach Nationalität deutliche Unterschiede in der Schadensbelastung, erklärt Sprecher Jürg Thalmann. «Die Staatszugehörigkeit ist jedoch nur eines von über 20 Kriterien bei der Berechnung einer Autoversicherungsprämie.» Dabei sei die Konstellation der Kriterien entscheidend. «Eine gewisse Nationalität allein führt nicht automatisch zu einer viel höheren Prämie – die Kombination aller Kriterien ist entscheidend.»

Auch bei der Zurich Versicherung ist die Nationalität des Fahrers nur einer von vielen Faktoren der Prämienberechnung, erklärt Sprecher David Schaffner. Ähnlich klingt es bei der Axa Winterthur: «Für die Berechnung werden mehrere Kriterien berücksichtigt», erklärt Sprecherin Anna Ehrensperger. Die Axa unterscheide bei der Nationalität mehrere Ländergruppen. «Je nach Schadenbilanz werden diese in unterschiedliche Risikogruppen eingeteilt. Dabei gibt es solche, bei denen aufgrund unserer Statistiken mit höheren Schadenzahlungen zu rechnen ist, was sich auch im Tarif niederschlägt.»

*Name der Redaktion bekannt

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