Nationalrat will Wehrpflicht beibehalten

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Keine ÜberraschungNationalrat will Wehrpflicht beibehalten

Der Militärdienst wird für Schweizer nicht freiwillig. Der Nationalrat hat die GSoA-Initiative zur Aufhebung der Wehrpflicht nach zweitägiger Debatte mit 121 zu 56 Stimmen abgelehnt.

Die Aufhebung der Wehrpflicht war im Nationalrat zwei Tage debattiert worden.

Schweizer Männer sollen auch in Zukunft Militärdienst leisten müssen. Der Nationalrat hat die GSoA-Initiative zur Aufhebung der Wehrpflicht am Mittwoch abgelehnt. Die Debatte, die sich über zwei Tage hingezogen hatte, war von emotionalen Argumenten geprägt.

«Weil ich mein Land liebe, lehne ich die Initiative ab», brachte Dominique de Buman (CVP/FR) die Haltung vieler bürgerlicher Rednerinnen und Redner auf den Punkt. Ihnen gilt die Schweizer Armee auch nach Ende des Kalten Krieges als Garantin der Freiheit, des Wohlstands und der Schweizer Lebensart.

Armee als Lebensschule

Gleichzeitig priesen bürgerliche Initiativ-Gegner Werte und Vorzüge der Milizarmee: Von einer «Schule für das Leben» war die Rede, von «Solidarität» und vom Zusammenhalt der Schweiz, mache die Armee doch alle gleich, Deutschschweizer, Romands, Tessiner, ungeachtet ihres sozialen und wirtschaftlichen Hintergrunds.

SP und Grüne, die die Initiative der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) unterstützen, zeichneten ein anderes Bild der Armee: Die Zwangsmilitarisierung fördere ein antidemokratisches Menschen- und Gesellschaftsbild, sagte etwa Cédric Wermuth (SP/AG). Durch den Dreck robben, rumballern, herumgrölen: «Das kann definitiv nicht das Männerbild der Zukunft sein.»

Die SP-Fraktion meldete grundsätzliche Zweifel an, ob sich die sicherheitspolitischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts «mit Panzern und Kanonen» bewältigen liessen, wie ihre Sprecherin Edith Graf-Litscher (TG) sagte. Die SP unterstützt darum die Forderung der Initiative, die Wehrpflicht abzuschaffen und die Armee durch eine Freiwilligenmiliz zu ersetzen.

Sicherheit nicht gewährleistet

Die Mehrheit des Nationalrats wie auch der Bundesrat halten das vor allem aus sicherheitspolitischen Überlegungen für falsch. Bei Annahme der Initiative bestehe keine Gewähr, dass die Armee im Notfall über genügend Leute verfüge, sagte Verteidigungsminister Ueli Maurer. «Mit einer Freiwilligenarmee können wir die Sicherheit der Schweiz nicht gewährleisten.»

Einsätze im Katastrophenfall würden in Frage stehen. «Heute stellen wir in wenigen Stunden eine Baufirma auf den Platz», sagte Maurer. Der gewählte Bundespräsident meldete auch staatspolitische Bedenken an: Eine Freiwilligenarmee bilde keinen Querschnitt der Gesellschaft ab. Damit stehe die demokratische Kontrolle der Streitkräfte und das Vertrauen zwischen Bevölkerung und Armee auf dem Spiel.

Die Initianten aber sehen in der Wehrpflicht einen «alten Zopf», den es abzuschneiden gilt. Sie argumentieren, dass die Schweiz faktisch schon heute eine Freiwilligenarmee habe, da nur noch ein Teil der jungen Männer ihre Dienstpflicht erfülle. Laut Botschaft des Bundesrats leisten 45 Prozent der Stellungspflichtigen ihren Militärdienst vollständig.

Gegenvorschläge ohne Chance

Für die bürgerlichen Parteien dagegen kommt die Aufhebung der Wehrpflicht einer Abschaffung der Armee gleich, gegen die sie sich vehement zur Wehr setzten: Mit 121 zu 56 Stimmen bei 6 Enthaltungen lehnte der Nationalrat die Initiative ab. Zwei Gegenvorschläge schnitten mit 145 zu 33 Stimmen noch schlechter ab.

Eine Kommissionsminderheit hatte beantragt, einen für Männer obligatorischen Bürgerdienst einzuführen, der in Armee, Polizei, Feuerwehr oder als Zivildienst geleistet werden kann. Der Grüne Alec von Graffenried (BE) schlug einen Militär- oder wahlweise zivilen Ersatzdienst von 10 Wochen vor. Beide Vorschläge waren weder bei Bürgerlichen noch bei Linksparteien auf Gegenliebe gestossen.

Das Geschäft geht nun an den Ständerat. Die GSoA hat ihre Initiative «Ja zur Aufhebung der Wehrpflicht» im Januar 2012 mit knapp 107'000 gültigen Unterschriften eingereicht. 1989 und 2001 hatte die GSoA mit zwei Initiativen erfolglos versucht, die Armee abzuschaffen. (sda)

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