Junge Männer gehen in Gruppen ins Bordell

Aktualisiert

Sex statt KinoJunge Männer gehen in Gruppen ins Bordell

Mit Freunden in den Saunaclub statt in die Disco: Weil das Milieu bei den Jungen cool geworden ist, verbringen sie die Wochenenden zunehmend gemeinsam in solchen Etablissements.

von
D. Pomper
Marijn Pulles von der Freierberatungsstelle Don Juan beobachtet eine Trivialisierung der Prostitution. Diese hänge auch mit dem steigenden Pornokonsum unter Jugendlichen zusammen.

Marijn Pulles von der Freierberatungsstelle Don Juan beobachtet eine Trivialisierung der Prostitution. Diese hänge auch mit dem steigenden Pornokonsum unter Jugendlichen zusammen.

Im Saunaclub Globe in Volketswil geht an Silvester die Post ab: Neben Blowjob-Contests gibt es auch «Sex mit Harley Bike» oder eine Burlesque-Show im XXL-Martini-Glas. Doch nicht nur einsame, alte Männer gehen im besagten Club ein und aus. Wie eine Mitarbeiterin erzählt, suchen seit etwa zwei Jahren vermehrt junge Männer mit ihren Freunden das Etablissement auf: «Vor allem am Wochenende kommen 18- bis 30-Jährige mit zwei, drei Kollegen vorbei.» Diese seien ausgesprochen anständig und nett.

Unter jungen Männern sei es in den letzten Jahren Mode geworden, in Gruppen ins Bordell zu gehen, sagt Marijn Pulles von Don Juan, der Freierberatungsstelle der Zürcher Aids-Hilfe. Das Milieu sei cool und chic geworden, so Pulles gegenüber der Zeitschrift «Annabelle».

Realitätsverlust wegen Pornokonsum

Mit Sorge beobachtet er die Trivialisierung der Prostitution, welche unter anderem mit dem steigenden Pornokonsum unter Jugendlichen zusammenhänge. «Wie bei den Computergamern verschwimmt auch hier die Grenze zwischen Fiktion und Realität immer mehr», sagt Pulles. Dass in der Prostitution echte Menschen agieren, gehe vergessen. «Alles dreht sich nur noch ums Haben und Kaufen», so Pulle.

Sexologin Esther Elisabeth Schütz teilt diese Meinung: «Wir leben in einer Konsumgesellschaft, in der man sich seine Wünsche sofort erfüllt.» Als Leiterin des Instituts für Sexualpädagogik und Sexualberatung ISP in Uster behandelt sie zunehmend betroffene junge Männer, die den Ausstieg schaffen wollen. Vom Handwerker bis zum Studenten sei jede Bevölkerungsgruppe vertreten. «Es gibt inzwischen so viele Sexangebote. Da wird man inspiriert», sagt Schütz.

Mutprobe und Trophäen sammeln

Auch sei der gemeinsame Saunaclubbesuch eine Mutprobe: «Wer getraut sich überhaupt, etwas mit einer Prostituierten zu haben?» Die Jungen sammelten Trophäen – und mit jeder zusätzlichen wachse auch der Status innerhalb der Gruppe, so Schütz. Doch wenn die Kollegen, einer nach dem anderen, eine Freundin hätten, stünden sie plötzlich alleine da. «Spätestens dann merken sie, dass sie in etwas hineingeraten sind, das sie gar nicht wollten.» Schütz fordert deshalb, dass die Jungen schon viel früher an den Schulen in der Sexualpädagogik lernen, wie sie mit der Vielfalt der Sexualangebote umgehen können.

Das erhofft sich auch Daniela Melone, Leiterin Elternberatung bei Pro Juventute: «Sexualität ist heute nicht einfacher geworden. Jugendliche brauchen unsere Unterstützung und eine Anlaufstelle bei Fragen.» Regelmässig meldeten sich Jugendliche bei der Notrufnummer 147. Melone: «Die einen wollen wissen, wie der Besuch bei einer Prostituierten abläuft, andere haben Gewissensbisse danach oder Ängste, weil der Schutz nicht ausreichend war.»

Haben Sie auch schon mit Ihren Freunden einen Saunaclub besucht? Schreiben Sie uns auf inland@20minuten.ch

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