Obligatorische Kurse«Die meisten Hundehalter sind zu dämlich»
Soll die praktische Ausbildung für Hündeler abgeschafft werden? Zwischen Hundeexperten, Opfern und Verbänden herrscht grosse Uneinigkeit.

Der Verband Schweizer Hundeschulen und die Schweizerische Kynologische Gesellschaft stimmen dem Ständerat nicht zu: Sie wollen am Hundekurs-Zwang festhalten.
Keystone/Gaetan BallyEinen Praxiskurs mit jeweils vier Lektionen muss heute jeder Schweizer absolvieren, der sich einen Hund anschaffen will. Dieser Aufwand soll Hundefreunden künftig erspart bleiben. Der Ständerat sprach sich am Donnerstag dafür aus, das 2008 eingeführte Obligatorium wieder abzuschaffen.
Hundeexperte Danny Jegge schliesst sich an. «Die obligatorischen Hundekurse gingen leider völlig nach hinten los.» Seinen Erfahrungen nach werde in den Kursen «nur Schindluderei» betrieben. Oft vermittelten die Instruktoren schlicht falsche Verhaltensweisen. «Die Trainer scheinen die Kurse einfach abzuspulen, weil sie obligatorisch sind.» Auch Opfer von Hundeattacken sehen in den Kursen keinen grossen Sinn. Im Jahr 2000 zerfleischte ein Rottweiler das Gesicht eines vierjährigen Mädchens. Dessen Mutter sagt: «Auch ein Hundekurs schützt vor Hundeattacken nicht.» Wichtig sei, dass jeder Hundehalter sein Tier in der Öffentlichkeit an der Leine führe.
«Viele Besitzer spazieren blauäugig durch die Gegend»
Bei den Hundeverbänden kommt das Vorhaben jedoch schlecht an. «Die Kurse sind wichtig, denn viele Hundebesitzer spazieren mit ihren Tieren total blauäugig durch die Gegend», sagt Heini Beck, Präsident des Verbands Schweizer Hundeschulen. Den Besitzern werde erst in den Kursen bewusst, welche Gefahren von einem Hund ausgingen. «Auch liebe Hunde können nach einem Jogger oder Velofahrer schnappen, wenn sie sich erschrecken.»
In den Kursen würden die Teilnehmer für das Verhalten in der Umgebung von anderen Menschen sensibilisiert. «Viele Leute haben panische Angst vor Hunden.» Zudem berichtet Beck, dass der Verband von den Kursteilnehmern «durch das Band» positive Reaktionen erhalten habe. «Auch Besitzer, die bereits mehrere Hunde hatten, sagten, sie hätten Neues gelernt.»
Ebenso an den Kursen festhalten will die Schweizerische Kynologische Gesellschaft (SKG). «Sehr viele Vorfälle mit Verletzungen passieren innerhalb der Familie», sagt Zentralpräsident Hansueli Beer. Kenne man sich mit dem eigenen Hund zu wenig aus, könne es etwa beim Spielen zu schlimmen Bissverletzungen kommen.
«Es braucht mehr Praxisstunden»
Die SKG will die Anforderungen sogar noch erhöhen. «Wer sich zum ersten Mal einen Hund anschaffen will, sollte mehr Praxisstunden absolvieren müssen.» Der Gesellschaft schweben für Neulinge künftig acht Stunden vor. «Bei erfahrenen Hundebesitzern könnte man das Obligatorium hingegen abschaffen.» Ähnlich sieht es Danny Jegge. Vier Lektionen reichten nicht, um einen Hund im Griff zu haben. «Die meisten Hundehalter sind zu dämlich.» Forderungen stellt auch Heini Beck. «Säumigen sollte in allen Gemeinden Verwarnungen und Bussen drohen.» Laut dem Bericht des Ständerats besucht ein Fünftel der zur Teilnahme verpflichteten Hundehalter die Kurse gar nicht.
Im Jahr 2005 kam es zu tödlichen Beissunfällen im Kanton Zürich. Das Parlament verlangte daraufhin Massnahmen, um solchen Vorfällen vorzubeugen. Zuständig dafür ist das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen. «Wir schliessen uns der Meinung des Bundesrats an», sagt Sprecherin Eva van Beek. Der Bundesrat will an den Kursen festhalten, die Anforderungen für erfahrene Hundehalter jedoch lockern.