«Studenten zahlten bis zu 10'000 Franken»

Aktualisiert

Gefälschte Arbeiten«Studenten zahlten bis zu 10'000 Franken»

Ghostwriter sind laut einem ehemaligen Studenten für viele Unis ein Problem. Dies, obwohl ihre Dienste sehr teuer sein können.

von
phi
Mindestens 200 Studenten sollen letztes Jahr an Schweizer Universitäten Arbeiten von Ghostwritern eingereicht haben.

Mindestens 200 Studenten sollen letztes Jahr an Schweizer Universitäten Arbeiten von Ghostwritern eingereicht haben.

Keystone/Gaetan Bally

200 Studenten liessen vergangenes Jahr ihre Arbeiten von Ghostwritern schreiben. Das berichtet die SRF-Sendung «Rundschau». Die Universität St. Gallen entschloss sich, Strafanzeige einzureichen. Die Staatsanwaltschaft St. Gallen klärt nun ab, wer in welcher Form beteiligt ist.

Nicht nur in St.Gallen sind Ghostwriter aber ein Problem: Zahlreiche Leser, die mit Ghostwritern Erfahrungen gemacht haben, meldeten sich bei der Redaktion von 20 Minuten. Einer von ihnen ist Sebastian K*. Er ist 26 Jahre alt und hat sein Studium 2013 an der Universität Luzern abgeschlossen.

«Beinahe die Hälfte schummelte»

«An der Universität Luzern war das Phänomen extrem verbreitet, besonders in der Rechtswissenschaftlichen Fakultät», erzählt K. Er habe zwar seine Arbeit selbst geschrieben, viele seiner Kollegen hätten für die Note aber keinen Finger gekrümmt: «Beinahe die Hälfte meiner Kommilitonen bezahlte einen Ghostwriter.» Zum Teil hätten die Studierenden bis zu 10'000 Franken für ihre Arbeiten bezahlt.

Tatsächlich gibt es professionelle Agenturen, die diese Dienstleistung anbieten. Eine davon ist die Agentur ACAD Write, die für die 200 Arbeiten in der Schweiz verantwortlich ist. Geschäftsführer Thomas Nemet sagte in einem früheren Gespräch mit 20 Minuten: «Mit Ghostwriting lässt sich gutes Geld verdienen – eine Masterarbeit kann tatsächlich rund 10'000 Franken kosten.» Moralische Bedenken habe er dabei keine: «So ist es im Kapitalismus: Wenn man Geld hat, kann man sich die Dinge vereinfachen lassen. Das zählt auch in der Bildung.»

«Einer von ihnen ist heute Anwalt»

Laut K. neigten vor allem Studenten mit durchschnittlichen Noten dazu, einen Ghostwriter zu beauftragen. «Sie hatten Angst, dass ihre Fähigkeiten nicht ausreichen würden, um eine genügende Note zu schreiben.»

Für K. seien diese Zustände frustrierend gewesen: «Eine Arbeit zu schreiben, bedeutet viel Aufwand. Wenn man dann sieht, dass andere bezahlen und so keinen Finger krümmen müssen, ist das nicht sehr fair.» Von K. darauf angesprochen, hätten aber die wenigsten seiner Freunde ein schlechtes Gewissen gehabt. «Die meisten hatten einfach nur Angst, entdeckt zu werden.»

Dies sei allerdings nicht passiert. «Die Leute, zu denen ich noch Kontakt habe und von denen ich weiss, dass sie geschummelt haben, machen heute Praktika in renommierten Anwaltskanzleien – einer ist heute sogar schon selber Anwalt.»

Schwere Sanktionen

Der Universität Luzern seien offiziell keine Fälle von Studenten bekannt, die Arbeiten von Ghostwritern abgegeben hätten, erklärt Lukas Portmann, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit. «Hätten wir Indizien, die auf etwas anderes schliessen liessen, würden wir der Sache sicher nachgehen.»

Für Betrüger wären die Konsequenzen klar: «Wer die Arbeit eines Ghostwriters einreicht und auffliegt, muss mit schweren Sanktionen rechnen, diese können bis zum Ausschluss aus der Universität gehen.»

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