Sparen bei der Bildung tut in jedem Fall weh

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Schulgeld oder LeistungsabbauSparen bei der Bildung tut in jedem Fall weh

Bund und Kanton wollen im Bildungswesen bis zu einer Milliarde Franken sparen. Folgende Konflikte drohen.

phi
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Am Mittwoch fand der «Tag der Bildung» in Zürich statt.

Der Widerstand gegen die geplanten Sparmassnahmen im Bildungsbereich ist gross. Im Kanton Zürich haben am «Tag der Bildung» rund 17'000 Personen ein Manifest unterschrieben, in dem sie vor «den langfristigen Folgen einer kurzfristigen Sparpolitik» warnen. Um aufzuzeigen, welche Folgen etwa grössere Klassengrössen hätten, quetschte die Kantonsschule Hottingen über 30 Kinder in ein Schulzimmer (siehe Video).

Hintergrund: Bund und Kantone wollen in den nächsten zehn Jahren im Bildungsbereich bis zu einer Milliarde Franken sparen. Egal, ob mittels Vergrösserung der Klassen oder durch die Einführung eines Schulgeldes: Laut Stefan Wolter, Professor für Bildungsökonomie an der Universität Bern, hat jede Option auch Nachteile.

Einführung von Schulgeldern

Kontra: «Diese Massnahme entspricht nicht dem Gedanken des Schweizerischen Bildungswesens», erklärt Stefan Wolter. Die Chancengleichheit sei gefährdet. Armutsstudien zeigten, dass in der Schweiz vor allem alleinerziehende Eltern mit Geldproblemen kämpften: «Die Kosten nun auf diese Gruppe zu verschieben, scheint mir wenig sinnvoll.»

Pro: Die Schulen würde Einnahmen generieren. In anderen Ländern ist dies ein übliches Mittel, um die Ausgaben im Bildungswesen zu kontrollieren.

Grössere Klassen

Kontra: Umfragen haben ergeben, dass die Bereitschaft zu grösseren Klassen in der Bevölkerung nicht vorhanden ist. «Das scheint eine Art ‹heilige Kuh› zu sein», sagt Wolter.

Pro: «Die Vergrösserung der Klassen ist eine sehr attraktive Massnahme, um Kosten zu sparen», sagt Wolter. Die Forschung habe nämlich gezeigt, dass die Qualität der Bildung nicht abnehme, solange in eine Klasse nicht mehr als 25 Schüler untergebracht würden. Ausserdem würde man viel Geld einsparen, wenn jede Klasse schon nur zwei bis drei Schüler dazubekäme. «Es ist schwer, sich eine andere Massnahme vorzustellen, bei der man so viel sparen kann, ohne dass die Bildung darunter leidet.»

Fächer streichen

Kontra: «Bei Grundfächern wie Mathematik, Deutsch oder Französisch darf man sicher nicht kürzen: Dies würde die Qualität der Bildung beeinträchtigen», so Wolter.

Pro: Die Zürcher Bildungsdirektorin Silvia Steiner spricht sich im «Tages-Anzeiger» dafür aus, notfalls Freifächer zu streichen. «Zukünftigen Akademikern muss in den Mittelschulen nicht aufgezeigt werden, wie sie ihre Freizeit gestalten können», sagt sie mit Blick auf Fächer wie Krafttraining, Robotik oder Hauswirtschaft. Auch Wolter sagt: «Heute gibt es viele Kurse, die nur von vier oder fünf Schülern besucht werden.» Würden sich mehrere Gymnasien in der gleichen Stadt oder im gleichen Kanton zusammensetzen und diese Kurse gemeinsam anbieten, könnten beträchtliche Geldsummen eingespart werden.

Löhne der Lehrer kürzen:

Kontra: «Wir müssen aufpassen, dass der Beruf nicht an Attraktivität verliert.» Der Beruf müsse im Vergleich mit anderen Branchen fair entlohnt werden. «Ansonsten springen uns die guten Leute ab.» Der Verlust von Arbeitskräften hätte verheerende Folgen, da die Schweiz schon heute mit einem akuten Lehrermangel kämpfe. Deshalb ist eine Lohnkürzung für Wolter kein gangbarer Weg.

Pro: Diese Massnahme wurde Mitte der 90er-Jahre zur Sanierung der Staatsfinanzen angewandt. «Aus Umfragen wissen wir ausserdem, dass das Volk gegenüber dieser Massnahme eher neutral eingestellt ist.»

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