Halter setzen für Katze ihre Gesundheit aufs Spiel

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AllergienHalter setzen für Katze ihre Gesundheit aufs Spiel

Therapien gegen Katzenallergien boomen. Sich vom Stubentiger zu trennen, kommt für immer weniger Halter infrage.

von
B. Zanni

Die Nase juckt, die Augen brennen, dazu kommen Husten- und Niesreiz. In schweren Fällen leiden die Betroffenen an Hautausschlägen und Asthmaanfällen. Zunehmend suchen Schweizer Rat, um sich gegen Katzenallergie zu behandeln.

«Der Wunsch, ein Haustier trotz Allergie zu behalten oder auch neu anzuschaffen, nimmt zu», sagt Yves Cahen, Allergologe in Basel. Auch Mark Anliker, Hautarzt und Allergologe in der Praxis Hautärzte am Graben in Winterthur, fällt auf: «Im letzten halben Jahr erhielten wir doppelt so viele Anfragen von Katzenbesitzern, die sich einer Therapie unterziehen wollten.»

Halter quälen sich durch

Als effektivste Massnahme rät das Aha-Allergiezentrum, den Kontakt zu den Tieren zu meiden. Für viele ist das jedoch keine Option. «Ich erlebe immer wieder Besitzer, die auf Medikamente zurückgreifen, um die Symptome erträglicher zu machen. Andere setzen sich der Allergie aus, um immun gegen die Allergene zu werden», berichtet Manuela Gutermann, Präsidentin des Vereins Katzenfreunde Schweiz.

Die Betroffenen seien oft verzweifelt, sagt Gutermann. «Ihr Herz hängt am Tier. Müssten sie sich von der Katze trennen, wäre es für sie sehr schlimm.» Allergologe Anliker hat zudem das Gefühl, dass die Tiere durch die vielen Katzenvideos auf Youtube einen noch viel grösseren sozialen Wert erhalten haben.

Tier ist wichtiger als Gesundheit

Yves Cahen stellt fest, dass die Menschen heute nicht mehr bereit seien, sich wegen Allergien einzuschränken. Oft wollten allergische Eltern ihren Kindern den Katzenwunsch erfüllen. «Früher hiess es bei einer Allergie: ‹Es gibt keine Katze und basta!›.»

Manchen sei das Tier sogar wichtiger als die Gesundheit des Partners, sagt der Experte. Bei einem Ehemann habe die Therapie nicht angeschlagen. «Jetzt lebt er seiner Frau zuliebe mit schweren Beschwerden und vielen Medikamenten.» Gutermann musste einer Mutter auch schon den Wunsch nach einer Katze ausreden: «Der Sohn lief innert zehn Minuten blutrot an und hatte Atemnot.»

Impfstoff für Katzen

Ärzte empfehlen den Patienten oft eine Desensibilisierung. «Die Erfolgsrate beträgt rund 70 Prozent», sagt Cahen. Medikamente unterdrückten die Symptome lediglich. Nach einiger Zeit träten diese erneut und verstärkt auf. Behandle man eine schwere Katzenallergie nicht, nehme diese in der Regel stetig zu und könne zu schwerem Asthma führen. Gutermann sind dagegen Fälle bekannt, in denen sich Menschen mittels Akupunktur von der Allergie hätten befreien können.

Das Thema beschäftigt auch die Wissenschaft. «Wir forschen an einem Impfstoff, der bewirkt, dass die Katze weniger Katzenallergen ausscheidet», sagt Thomas Kündig, Leiter der Dermatologischen Poliklinik des Universitätsspitals Zürich. Die Impfung sei aber noch «ferne Zukunftsmusik». Anliker hat noch einen anderen Tipp: Die Katze zu waschen verspreche vorübergehende Linderung.

«Stress pur für die Katze»

Für Behandlungen greifen die Patienten tief in die Tasche. Eine komplette Desensibilisierung kostet rund 4000 Franken. Eine medikamentöse Behandlung kann jährlich mehrere Tausend Franken teuer sein.

Der Schweizer Tierschutzes STS lobt die grosse Katzenliebe. Sprecherin Helen Sandmeier warnt aber vor einer Konsumhaltung. «Wie nicht jeder Milch verträgt, kann auch nicht jeder eine Katzen halten.» Bestehe grosse Gefahr, die Allergie nicht unter Kontrolle zu haben, sei es nur vernünftig, möglichst schnell einen anderen Platz für das Tier zu suchen. «Es ist Stress pur für die Katze, nach Jahren plötzlich das Zuhause wechseln zu müssen.» Zudem empfiehlt sie bei einem Katzenwunsch einen Allergietest.

Tierheimbetreiber berichten aber auch, dass Besitzer Katzen häufig «aufgrund einer Katzenallergie» abgeben wollen. Manuela Gutermann merkt an: «Oft wird dies aber auch als Ausrede gebraucht, um ein Tier wegzugeben.»

Eine Bloggerin mit Katzenallergie berichtet von ihren Erfahrungen:

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Allergie hat nichts mit Haaren zu tun

Im Süden Europas sind zehn Prozent der Bevölkerung von einer Katzenallergie betroffen, im Norden rund 20 Prozent. «Das liegt vermutlich daran, dass die Katzen im Norden weniger draussen sind», sagt Thomas Kündig, Leitender Arzt der Dermatologischen Klinik des Universitätsspitals Zürich.

Die Haare von Katzen spielen bei der so genannten Katzenallergie nur indirekt eine Rolle. Auslöser der Allergie sind tierische Eiweisse, die sich in Speichel, Tränenflüssigkeit, Talgdrüsen, Hautschuppen, Urin und Kot befinden. Die meisten Allergene befinden sich im Speichel der Katze. Leckt sie ihr Fell, gelangen diese ungehindert auf das Fell und verteilen sich in der Umgebung.

Laut Yves Cahen, Allergologe in Basel, ist die Neigung zur Allergie angeboren. «Deren Ausbruch kann aber irgendwann, auch spät im Leben, erfolgen.»

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