DurchsetzungsinitiativeSex-Mob dürfte SVP in die Hände spielen
Die Übergriffe der Silversternacht in Köln dürften ein Faktor im Abstimmungskampf um die Durchsetzungsinitiative sein. Das sagt Politologe Thomas Milic im Interview.
Die Übergriffe an der Silvesternacht – wohl durch mehrheitlich Asylbewerber – dominieren die Schlagzeilen. In Deutschland verlangen Politiker, dass die Täter ausgeschafft werden. Wird dies den Abstimmungskampf um die Durchsetzungsinitiative der SVP beeinflussen?
Davon ist auszugehen. Denn die Übergriffe fanden nicht in Indien, sondern in Köln, Stuttgart, Hamburg und sogar in Zürich statt – also in unmittelbarer Nähe. In Deutschland spüren die etablierten Parteien vor den anstehenden Landtagswahlen die AfD im Rücken. Das hat zur Folge, dass selbst Linke wie Sigmar Gabriel eine härtere Abschiebepraxis fordern. Die Aufarbeitung der Kölner Silvesternacht wird zudem noch eine Weile andauern. Das Thema dürfte deshalb bis zum Abstimmungstermin vom 28. Februar aktuell bleiben. All das erschwert den Abstimmungskampf der Initiativgegner. Dass Köln auch im hiesigen Abstimmungskampf zu einem Argument der Befürworter werden könnte, ist auf den sozialen Netzwerken bereits zu beobachten.
Wasser auf die Mühlen der Befürworter also?
Ich glaube zwar nicht, dass ein Stimmbürger wegen den besagten Ereignissen plötzlich seine Grundüberzeugungen ändert. Die individuellen Haltungen zu Migrationsfragen sind in der Regel sehr stabil, fast schon so stabil wie religiöse Überzeugungen. Ein SP-Wähler beispielsweise wird unter dem Eindruck von Köln kaum seine Meinung über Bord werfen. Es ist aber davon auszugehen, dass die SVP ihre Anhänger dadurch leichter mobilisieren kann. Schon bei der Ausschaffungsinitiative hat man gesehen, dass das Thema wegen seiner Emotionalität aussergewöhnlich viele Bürger an die Urnen gelockt hat, die sonst nicht abstimmen.
Kriminelle Asylbewerber müssten auch gemäss dem Vorschlag des Parlaments automatisch ausgeschafft werden.
Ja, wobei eine Ausschaffung etwa von Syrern derzeit – selbst bei einer Annahme der Durchsetzungsinitiative – nicht möglich wäre: Das Non-refoulement-Prinzip verbietet es, Leute, die an Leib und Leben bedroht sind, in die Heimat zurückzuschicken. Zudem geht es bei der Abstimmung über die Durchsetzungsinitiative ja vor allem um die Härteklausel, welche primär die in der Schweiz geborene ausländische Wohnbevölkerung betrifft. Hier hören also die Parallelen zur deutschen Ausschaffungsdebatte auf. Aber im Getöse von Köln gehen diese Unterschiede wohl leicht unter. Sie sind im Übrigen auch schwer zu vermitteln.
Wie können die Gegner trotzdem Gegensteuer geben?
In den letzten Wochen war es den Gegnern offenbar gelungen, Boden gut zu machen. Vor allem, indem sie auf die aus ihrer Sicht fehlende Notwendigkeit der Durchsetzungsinitiative verwiesen haben. Zudem haben sie das Argument stark gemacht, dass auch Secondos im Wiederholungsfall schon wegen Bagatelldelikten ausgewiesen würden. Die Chance der Gegner liegt wohl am ehesten darin, die Stimmbürger davon zu überzeugen, dass das Ausführungsgesetz zur Ausschaffungsinitiative bereits eine genügende Verschärfung bringe.
Was, wenn es nicht gelingt?
Verfangen die rechtsstaatlichen Bedenken nicht, ist ein ähnliches Resultat wie bei der Ausschaffungsinitiative zu erwarten. Sie wurde mit 52,3 Prozent der Stimmen angenommen.
Alt-Nationalrat Christoph Mörgeli (SVP) wirbt mit Verweis auf den Sex-Mob in Köln für ein Ja zur Durchsetzungsinitiative: