«Katastrophale Folgen»Österreicher warnen vor Abtreibungs-Initiative
Schweizer Frauen sollen Abtreibungen künftig selber bezahlen - wie es in Österreich der Fall ist. Nun warnen Ärzte und Politiker aus dem Nachbarland vor den Gefahren dieser Regelung.

In Österreich müssen die Frauen die Kosten für eine Abtreibung übernehmen - die Folgen seien Verschuldung und Abbrüche ausserhalb der gesetzlichen Rahmens.
Wenn sich in der Schweiz eine Frau dazu entscheidet, ihre Schwangerschaft abzubrechen, bezahlt die obligatorische Krankenversicherung den Eingriff. Je nach Zeitpunkt kostet eine Abtreibung zwischen 600 bis 1500 Franken. Geht es nach den Initianten des Volksbegehrens «Abtreibunsfinanzierung ist Privatsache» soll damit bald Schluss sein. «Die Krankenkasse ist nicht dazu da, Leben zu vernichten», sagt Co-Präsident und SVP-Ständerat Peter Föhn. Gleich klingt es bei Co-Präsidentin und CVP-Nationalrätin Elvira Bader: «Es geht nicht an, dass religiös denkende Menschen einen solchen Eingriff durch die Grundversicherung mitfinanzieren müssen.»
Als Vorbild führen die Initianten in ihrem Argumentarium Österreich ins Feld, wo Frauen seit jeher selbst für den Abbruch aufkommen müssen. Für Christian Fiala, Gynäkologe am Ambulatorium für Schwangerschaftsabbruch in Wien, ein Affront. «Es gibt keinen einzigen positiven Aspekt, wenn die Frauen eine ungewollte Schwangerschaft selber bezahlen müssen.»
Gerade für sozial schwachgestellte Familien sei diese Regelung eine Katastrophe. «Frauen müssen sich hierzulande verschulden, um eine Abtreibung zu bezahlen», weiss Fiala. Wenn sich die Schweiz für eine solche Lösung entscheide, falle sie ins Mittelalter zurück, warnt der Arzt. «Selbst in traditionell katholischen Ländern wie Spanien oder Portugal werden die Kosten vom Staat übernommen.»
Gefahr von illegalen, unsauberen Abtreibungen
Neben der Verschuldung sieht Ingrid Riezler, Landtagsabgeordnete der SPÖ in Salzburg noch ein weiteres Problem. «Weil bei uns die Krankenkasse nicht bezahlt, werden die Abtreibungen auch nicht statistisch erfasst. Das erschwert die Prävention enorm», so die Politikerin. Arzt Fiala schätzt die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Österreich auf etwa 30'000 pro Jahr - das sind bei einer ähnlichen Einwohnerstruktur rund dreimal so viele wie in der Schweiz, die mit rund 10'000 Abtreibungen jährlich eine der niedrigsten Raten weltweit aufweist.
Anne-Marie Rey, Schweizer Vorkämpferin für die Fristenlösung, warnt zudem vor gesundheitlichen Gefahren. «Weil die finanziellen Hürden hoch ist, werden in Österreich auf dem Schwarzmarkt gefährliche Abtreibungspillen angeboten.» Eine Lieferantin solcher Pillen habe sie persönlich gebeten, ihre Adresse auf Reys Internetseite zum Thema Schwangerschaftsabbruch zu veröffentlichen. Besorgt zeigt sich auch die Schweizer Ärztevereinigung FHM: «Streicht man die Leistung aus der Grundversicherung, schwächt man nicht nur das Selbstbestimmungsrecht der Frauen, sondern fördert auch, dass Schwangerschaftsabbrüche illegal, beziehungsweise medizinisch nicht auf hohen Niveau durchgeführt werden», sagt FMH-Präsident Jürg Schlup.
«Klar haben Ärzte keine Freude»
Initiantin Elvira Bader schlägt diese Warnungen in den Wind. «Dass es den Ärzten nicht passt, wenn die Kosten von den Frauen übernommen werden und allenfalls die Medikamente günstiger werden, ist klar.» Angesprochen auf den Schwarzmarkt auf dem Internet oder die illegalen Abbrüche, sagt Bader. «Das wird ein kleiner Prozentsatz sein, diese negativen Auswirkungen nehme ich in Kauf.»
Co-Präsident Peter Föhn sieht dies ähnlich und betont, dass die Initiative nicht die Abtreibung an sich verbieten wolle. Es gehe vielmehr darum, alles zu probieren, wie man Leben retten könne. «Gerade in der Schweiz gibt es sehr gute soziale Institutionen, die Frauen nicht nur in der Schwangerschaft, sondern auch danach begleiten und ihnen helfen.» Föhn und Bader hoffen, mit einem Ja zum Volksbegehren jährlich rund 500 Abtreibungen verhindern zu können.
Bundesrat ist gegen die Initiative
Am Mittwoch debattiert der Nationalrat über die Initiative «Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache». Diese will, dass in der Schweiz sollen Schwangerschaftsabbrüche nicht mehr von der obligatorischen Krankenversicherung bezahlt werden - ausser bei medizinischen Gründen oder Straftaten. Das Volksbegehren wurde im Juli 2011 von rechtskonservativen Kreisen aus SVP, CVP, EDU und FDP bei der Bundeskanzlei eingreicht. Der Bundesrat empfiehlt die Initiative zur Ablehnung, weil er der Ansicht ist, dass die Streichung der Übernahme der Kosten des
(jep)