Muss Burkhalter den Botschafter abziehen?

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Schwulenhatz in NigeriaMuss Burkhalter den Botschafter abziehen?

Die Affäre um den Schweizer Botschafter in Nigeria gibt in der Politik zu reden: Soll die Schweiz für Schwulenrechte einstehen oder den Botschafter abziehen?

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Eric Mayoraz ist Schweizer Botschafter in Nigeria und soll mit einem Mann zusammenleben. Auf homosexuelle Handlungen stehen im afrikanischen Staat hohe Strafen. Nigerias Regierung soll deswegen eine Untersuchung des Falles eingeleitet haben. 20 Minuten weiss: Es ist nicht der einzige Fall. Auch in einem anderen Land mit hohen Haftstrafen für Homosexualität ist ein schwuler Mann als Schweizer Botschafter stationiert. Schweizer Politiker sind sich uneins, ob die Schweiz die lokalen Wünsche und Gesetze berücksichtigen soll, oder ob man für Menschenrechte einstehen soll.

SP-Nationalrat Tim Guldimann war selber Botschafter im Dienst der Schweiz in Berlin und Teheran, und findet klare Worte: «Die Nigerianer wissen, dass ihre homophoben Gesetze im Gegensatz zu unserem Rechtsverständnis sind.» Entscheidend für die Ernennung eines Botschafters seien dessen Fähigkeiten und nicht seine sexuelle Ausrichtung. Das EDA sei da seit längerem sehr liberal.

«Der Partner ist wohl offiziell angemeldet»

«Ich nehme an, der Partner des betroffenen Botschafters ist offiziell angemeldet bei den Behörden», sagt Guldimann. Dann sei auch er durch die diplomatische Immunität geschützt, der nigerianische Staat könne ihn also nicht belangen. Für den Schutz der beiden vor allfälligen Angriffen sei das Gastland zuständig. Guldimann könnte sich auch gut eine Frau als Botschafterin in einem traditionell orientierten muslimischen Land vorstellen. Im Iran habe man mit Livia Leu ja schon eine Frau als Botschafterin gehabt.

Akzeptieren müsse Nigeria den Botschafter jedoch nicht unbedingt: Die nigerianische Regierung könne gemäss Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen den Botschafter zur «Persona non grata» erklären, wenn sie wolle, und bräuchte das nicht einmal zu begründen, so Guldimann. «Natürlich hätte das auch politische Folgen.»

Anderer Ansicht ist SVP-Nationalrätin Yvette Estermann. «Man sollte sich überlegen, ob es nicht schlauer wäre, den Botschafter abzuziehen.» Dies sei möglicherweise auch für den Botschafter die beste Option. «Man muss jetzt mit dem Botschafter zusammensitzen und Massnahmen besprechen.» Das EDA solle nun aus dem Fall lernen und in Zukunft schauen, wo es welche Botschafter platziere. «Einige Länder akzeptieren wahrscheinlich auch keine Frauen als Botschafter.» Auch der Botschafter müsse sich an die Gesetze des Gastlandes halten.

«Das EDA trägt den lokalen Gesetzen Rechnung»

Für CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter ist die Situation schwierig – «vor allem auch für den Botschafter». Die sexuelle Ausrichtung dürfe aber nicht massgebend sein für die Platzierung von Botschaftern, auch nicht in homophoben Ländern. «Einerseits ist es richtig, dass wir eine diskriminierungsfreie Gesellschaft vorleben, andererseits muss auch eine Güterabwägung zwischen unseren liberalen Prinzipien und der Sicherheit der Botschafter stattfinden.» Ein Abzug des Botschafters würde jedoch der Intoleranz recht geben.

«Das EDA trägt bei Einsatzentscheiden sowohl der relevanten internationalen Gesetzgebung als auch lokalen Gesetzen Rechnung», sagt EDA-Sprecher Pierre-Alain Eltschinger. Jeder Einsatzentscheid würde individuell und im Einzelfall mit der betroffenen Person geprüft. Man wolle die persönlichen Verhältnisse der Mitarbeitenden nicht kommentieren – es liege bislang jedoch keine offizielle Mitteilung der nigerianischen Behörden vor, die die Eröffnung einer Untersuchung bestätigen würde.

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