Junge Arbeitslose«Trotz 100 Bewerbungen wurde ich ausgesteuert»
L.Z.* ist erst 24 und wurde schon zweimal ausgesteuert. 20 Minuten erzählt sie von der Odyssee, die sie seit dem Lehrabschluss durchlebt.

L.Z. (24): «Die Durchschnittsnote meines Abschlusszeugnisses war eine Fünf. Ich ging deshalb davon aus, schnell wieder eine Stelle zu finden.»
In der Schweiz werden monatlich rund 400 Jugendliche ausgesteuert. Diese Zahl ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen, seit 2011 die Arbeitslosenversicherung (ALV) geändert wurde. Seither haben Personen unter 25 höchstens 200 Tage lang Anrecht auf Taggelder. Davor waren es 260 bis 400 Tage, abhängig davon, wie lange Beiträge einbezahlt wurden.
L.Z. (24) weiss, wie es sich anfühlt, wenn man ausgesteuert wird: Die junge Frau hat das bereits zweimal erlebt.
Ausgesteuert und verzweifelt
Z. schloss 2012 ihre Lehre als Detailhandelsfachfrau in einem Modegeschäft ab. Da ihr Lehrbetrieb keinen Bedarf an weiterem Personal hatte, wurde ihr nach der Lehre keine Stelle angeboten. Für Z. damals nichts Tragisches: «Die Durchschnittsnote meines Abschlusszeugnisses war eine Fünf. Ich ging deshalb davon aus, schnell wieder eine Stelle zu finden.» Doch die Jobsuche gestaltete sich schwieriger als gedacht, weshalb sie sich an ein regionales Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) wendete. Von diesem hält sie wenig: «Das RAV kümmerte sich mehr darum, zu kontrollieren, ob ich mich tatsächlich um eine Stelle bemühte, als mich darin zu unterstützen, eine Stelle zu finden.»
Der Erfolg bei der Jobsuche blieb aus, «obwohl ich während der Zeit beim RAV verschiedene Kurse besuchte, bei denen ich lernte, wie man sich erfolgreich bewirbt und wie ein Lebenslauf aussehen muss». Die meisten Unternehmen hätten auch keinen Grund für die Absage genannt oder aber lediglich erklärt, sie hätten eine passendere Person für die Stelle gefunden. Das setzte Z. psychisch zu: «Ich war echt verzweifelt.»
Dann der Hoffnungsschimmer. Nach einigen Monaten wurde Z. eine temporäre Stelle in einem Büro angeboten: «Ich sah endlich Licht am Ende des Tunnels.» Doch die Freude währte nicht lange: «Ich konnte zwar eine Zeit lang arbeiten, doch nach Ablauf meines Vertrages wurde ich nicht eingestellt.» Ohne feste Anstellung hiess es für Z. wieder zurück zum RAV: «Auch dieses Mal fand ich nach 200 Tagen keinen neuen Job und wurde erneut ausgesteuert.» Das war vor einem halben Jahr.
Jobsuche in allen Branchen
«Ich hätte nie gedacht, dass es so weit kommen könnte.» Trotzdem habe sie die Hoffnung nicht aufgegeben, eine Stelle zu finden: «Ich habe in den letzten Monaten über 100 Bewerbungen verschickt.» Und das nicht nur auf dem Beruf, den sie erlernt hat: «Ich habe Jobs an der Kasse, im Service und sogar bei Reinigungsunternehmen gesucht.» Auch vor Nacht- und Wochenendarbeit scheue sie sich nicht: «Es ist besser, zu unregelmässigen Zeiten zu arbeiten als gar nicht.»
Weil Z. keine Sozialhilfe bezieht, ist sie momentan auf die Hilfe ihrer Mutter angewiesen: «Ohne meine Familie würde ich auf der Strasse leben.» Sie hofft allerdings, das in Zukunft ändern zu können: «Ich suche einfach weiter, bis ich eine Stelle finde.»
Trotz allem würde Z. nicht einen anderen Beruf erlernen wollen. Nur etwas bereut sie: «Ich hätte nach meinem Lehrabschluss stärker um eine Anstellung in meinem Lehrbetrieb kämpfen sollen.»
Temporäre Stellen und Praktika
Auch anderen Lesern von 20 Minuten ging es ähnlich wie Z. So schreibt etwa Alex, er sei ebenfalls als unter 25-Jähriger ausgesteuert worden – «trotz arbeitsintegrativen Massnahmen und zahlreichen Bewerbungen». Durch temporäre Anstellungen habe er sich aber über Wasser halten können.
Leserin Selina hat zwar wieder eine Stelle gefunden, doch auch sie wurde im Juli 2015 ausgesteuert: «Ich ging von Praktikum zu Praktikum, bis ich im August endlich eine Lehre als Kauffrau beginnen konnte.»
*Name der Redaktion bekannt